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Kanton
25.03.2021
25.03.2021 06:39 Uhr

217 Millionen Überschuss – die Reaktionen der Parteien

Die Meinungen der Parteien zur Staatsrechnung sind gespalten.
Die Meinungen der Parteien zur Staatsrechnung sind gespalten. Bild: Linth24
Das Ergebnis der Staatsrechnung 2020 des Kantons SG fällt um 153 Mio. Franken besser aus als budgetiert. Die CVP ist erfreut, SP und Grüne sehen Verbesserungspotenzial in den Sparpaketen.

Operativ resultiert nach Ausklammerung der Bezüge aus dem besonderen Eigenkapital und der ausserordentlichen Effekte ein Ertragsüberschuss von 216,8 Millionen Franken.

Einer der Hauptgründe für den besseren Abschluss ist die Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Diese fiel um rund 103,4 Millionen Franken besser aus als budgetiert. Wie im Vorjahr lagen auch die Kantonssteuern um 56,3 Millionen Franken und der Anteil an den Bundessteuern um 10,1 Millionen Franken über dem Budget. Weiter konnten Mehrerträge bei den Gewinnanteilen der Psychiatrieverbunde und dem Zentrum für Labormedizin von insgesamt 5,9 Millionen Franken und im Amt für Berufsbildung von 5,1 Millionen Franken verzeichnet werden.

Positive Effekte resultierten auch im Bereich der Sonderschulen von 5,7 Millionen Franken und im öffentlichen Verkehr von 5,6 Millionen Franken. Tiefere Aufwendungen fielen insbesondere bei den individuellen Prämienverbilligungen (18,2 Millionen Franken), bei den Ergänzungsleistungen (11,5 Millionen Franken), im Bereich Wasser und Energie (7,4 Millionen Franken) sowie bei den Bauten und Renovationen (4,7 Millionen Franken) an.

Reaktionen der Parteien

Der Ertragsüberschuss löste bei den Parteien unterschiedliche Reaktionen aus. Die CVP Kanton St.Gallen zeigt sich erfreut über den Rechnungsabschluss 2020 des Kantons St.Gallen. Dank des guten Ergebnisses sei der Kanton gewappnet, die laufenden Herausforderungen zur Bewältigung der Corona-Krise kurz- und mittelfristig finanziell abzufedern.

Die SP und Grünen zeigen sich weniger erfreut und blicken hinter die Zahlen. Die SP meint, dass sich somit wieder einmal die systematisch und strategisch bewusst zu pessimistische Budgetierung offenbare. Vor allem aber zeige sich, dass die von FDP, CVP und SVP für die nächsten Jahre beschlossenen Sparpakete auf einer falschen Ausgangslage basierten und voreilig waren.

Auch die Grünen finden, dass das nun vorliegende Rechnungsergebnis 2020 zeigen würde, dass die Sparwut von SVP, FDP und CVP unbegründet sei. SVP, FDP und CVP würden damit einen ideologisch motivierten Staatsabbau betreiben, der angesichts der aktuellen politischen Herausforderungen als verantwortungslos bezeichnet werden müsse.

Die ausführlichen Reaktionen der Parteien finden Sie am Schluss als PDF angefügt.

Höhere Aufwendungen aufgrund Corona

Im Mai 2020 hat der Kantonsrat beschlossen, die Sonderausschüttung der SNB des Jahres 2020 im Umfang von 79,3 Millionen dem besonderen Eigenkapital zuzuweisen. Gleichzeitig hat er den Verwendungszweck des besonderen Eigenkapitals für die Finanzierung von Massnahmen zur Bekämpfung der Folgen des Coronavirus ausgeweitet. Im Rechnungsjahr 2020 wurden Aufwendungen im Zusammenhang mit Corona-Massnahmen von insgesamt 63,9 Millionen Franken über das besondere Eigenkapital finanziert. Diese belasten somit den allgemeinen Staatshaushalt nicht. Die grössten Corona-bedingten Aufwandpositionen im Rechnungsjahr 2020 sind dabei die Ertragsausfallentschädigungen der Spitäler von 42,3 Millionen Franken, die Ausfallentschädigungen im Kulturbereich von netto 8,4 Millionen Franken sowie die Aufwendungen des kantonalen Führungsstabes von 7 Millionen Franken, welche unter anderem für den Betrieb der Konsultationszentren, die Infoline, das «Contact Tracing» sowie die Beschaffung von Schutzmaterial angefallen sind.

Höhere Aufwendungen aus ausserordentlichen Wertberichtigungen

Aufgrund der jährlichen Werthaltigkeitsprüfung der Aktiven werden auf den Darlehen der Spitalverbunde 3 und 4 sowie auf der Beteiligung am Spitalverbund 3 Wertberichtigungen von insgesamt 21,5 Millionen Franken nötig. Dies aufgrund der negativen finanziellen Aussichten gemäss den Mittelfristplanungen der Spitalverbunde. Weiter wird aufgrund der Entwicklung im Jahr 2020 sowie den unsicheren Aussichten auch die Beteiligung an der Genossenschaft Olma Messen St.Gallen per Ende 2020 vollständig wertberichtigt. Diese beläuft sich nach der vom Kantonsrat im September 2020 beschlossenen Aufstockung von 430'000 Franken per Ende 2020 auf rund 2,4 Millionen Franken.

Corona-Pandemie lässt Staatsquote stark ansteigen

Bereinigt um saldoneutrale, nicht ausgabenwirksame sowie ausserordentliche Positionen nimmt der Aufwand im Vergleich zum Vorjahr um rund 143 Millionen Franken zu, was einem bereinigten Aufwandwachstum von 3,8 Prozent entspricht. Damit liegt das Wachstum über dem budgetierten Wert von 2,7 Prozent, in welchem jedoch noch keine Effekte der Corona-Pandemie berücksichtigt waren. Die Mehraufwendungen für Corona-Massnahmen von 63,9 Millionen Franken sind für rund 1,7 Prozentpunkte des bereinigten Aufwandwachstums verantwortlich. Der weitere Anstieg ist insbesondere auf höhere Staatsbeiträge bei den Ergänzungsleistungen, im Amt für Soziales, bei der Universität, bei den Fachhochschulen und bei der ausserkantonalen Hospitalisation sowie einen höheren Personalaufwand und den Anstieg beim Sachaufwand zurückzuführen.

Für das Jahr 2020 wird ein Rückgang des realen Bruttoinlandproduktes um 2,9 Prozent erwartet. Aus der grossen Diskrepanz zwischen bereinigtem Aufwandwachstum und wirtschaftlicher Entwicklung ergibt sich für den Kanton im Jahr 2020 eine deutlich höhere Staatsquote, welche primär auf Effekte der Corona-Pandemie zurückzuführen ist.

Tiefere Nettoinvestitionen & Anstieg des Nettovermögens

Die Nettoinvestitionen der Investitionsrechnung liegen aufgrund diverser Projektverzögerungen, späterem Realisierungsbeginn bei gewissen Vorhaben und tieferen Darlehensgewährungen deutlich unter dem Budget 2020 und den Vorjahreswerten. Budgetiert waren Nettoinvestitionen von 309 Millionen Franken, effektiv wurden Nettoinvestitionen im Umfang von 183 Mio. Franken getätigt. Infolge dieser tieferen Investitionstätigkeit ist auch das Verwaltungsvermögen nicht so stark angestiegen. Im Gegenzug ist das Eigenkapital aufgrund des positiven Ergebnisses stärker angestiegen als budgetiert. In der Folge nimmt das Nettovermögen gegenüber dem Vorjahr um 171,5 Millionen Franken zu.

Robuste Eigenkapitalbasis per Ende 2020

Das freie Eigenkapital nimmt gegenüber dem Vorjahr im Umfang des erzielten Ertragsüberschusses zu und weist per Jahresende 2020 einen Bestand von 1'052,2 Millionen Franken auf. Das besondere Eigenkapital, das neu neben der Finanzierung für steuerliche Entlastungen und für die Förderung von Gemeindevereinigungen auch für die Finanzierung von Corona-Massnahmen verwendet werden kann, beläuft sich per Ende 2020 neu auf 279,8 Millionen Franken. Die Zunahme im Jahr 2020 von insgesamt 15,4 Millionen Franken setzt sich zusammen aus der Einlage der Sonderausschüttung SNB von 79,3 Millionen Franken und dem Bezug von 63,9 Millionen Franken für die Finanzierung von Corona-Massnahmen. Das gesamte verwendbare Eigenkapital beträgt per Ende 2020 somit 1'332 Millionen Franken.

Das weitere Eigenkapital nimmt im Rechnungsjahr 2020 um 18,8 Millionen Franken ab und weist per Ende 2020 einen Bestand von 209,7 Millionen Franken aus. Diese Eigenkapitalkategorie umfasst zweckgebundene Verpflichtungen aus Spezialfinanzierungen und Globalkreditinstitutionen.

Finanzpolitische Beurteilung und Ausblick

Mit dem Konsolidierungskurs und den positiven Jahresabschlüssen der vergangenen Jahre konnte die Eigenkapitalbasis laufend gestärkt werden. Per Ende 2020 steht der Kanton mit einem robusten Eigenkapitalbestand und einem Nettovermögen finanziell auf einer gesunden Basis.

Das Budget 2021 und der Aufgaben- und Finanzplan 2022–2024 trüben die finanziellen Aussichten jedoch stark. Im Budget 2021 geht die Regierung von einem operativen Defizit in der Höhe von 242,8 Millionen Franken aus, während sie für die Finanzplanjahre 2022 bis 2024 operative Aufwandüberschüsse von 160 bis 220 Millionen Franken erwartet. Zum einen führt die negative konjunkturelle Entwicklung des Jahres 2020 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ab 2021 zu deutlich tieferen Steuererträgen. Zum anderen sind insbesondere die ab 2021 vollständig wirkenden Effekte aus der Umsetzung der Steuerreform (STAF), die Mindererträge aus dem Bundesfinanzausgleich sowie verschiedene aufwandseitige Effekte (u.a. hohe Dynamik bei den Staatsbeiträgen, hoher Abschreibungsaufwand) mitverantwortlich für die hohen prognostizierten Defizite.

Unsicherheiten in der Finanzplanung

Die Unsicherheiten sind jedoch hoch und die aktuellen Planwerte beinhalten wesentliche Risiken wie auch Chancen. So lassen sich die konjunkturellen Aussichten sowie die möglichen finanziellen Auswirkungen in den Bereichen STAF, Gewinnausschüttung SNB mit neuer Vereinbarung, Veränderungen Bundesfinanzausgleich, Prämienverbilligungsinitiative und Werthaltigkeitsfragen der Darlehen und Beteiligungen der Spitäler nur schwer abschätzen.

Die Regierung geht davon aus, dass im Kantonshaushalt ein strukturelles Defizit in der Grössenordnung von 120 bis 160 Millionen Franken besteht. In Anbetracht dieser negativen Aussichten hat sie daher ein Projekt zur nachhaltigen Beseitigung dieses strukturellen Defizits lanciert. Gemäss Vorgabe des Kantonsrates ist die Regierung aktuell an der Erarbeitung eines Massnahmenpakets im Umfang von 120 Millionen Franken. Zur Zielerreichung werden unterschiedliche aufwand- wie auch ertragsseitige Massnahmen erarbeitet. Die Regierung wird dem Kantonsrat das Massnahmenpaket voraussichtlich zeitgleich mit dem Budget 2022 zur Beschlussfassung vorlegen.

Linth24/ Staatskanzlei SG