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31.01.2020
15.02.2020 12:25 Uhr

CHANDIRAMANIS BÖRSENWOCHE 5

Man spricht fast nur noch vom Corona-Virus. Die Wirtschaft Chinas steht teilweise still, Städte sind unter Quarantäne. Die Finanzmärkte sind verunsichert und volatiler geworden, warten auf Entwarnungen.

Die neue Lungenkrankheit, verursacht durch das Corona-Virus war das Hauptthema der vergangenen Tage. Alles andere wurde in den Schatten gestellt, beispielsweise auch das Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten, die Klimadiskussionen, sogar der definitive Austritt Grossbritanniens aus der EU (Brexit) am historischen 31.Januar 2020. Bezüglich der der Corona-Erreger wurde noch keine Entwarnung gegeben, höchstens Relativierungen ausgesprochen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den internationalen «Gesundheitsnotstand» ausgesprochen. Verschiedene Airlines machen Pause mit Flügen nach China. Einzige gute Nachricht, das Corona-Virus habe lediglich Symptome einer mittelstarken Grippe und ist nur in seltenen Fällen tödlich. In Europa gab es bis jetzt wenige Ansteckungen, in den USA und der Schweiz sind bisher noch keine Krankheitsfälle bekannt.

Schreckensvisionen eines «Endes des Wirtschaftswunders China» zirkulierten immer wieder und schickten vor allem am Montag die Aktienkurse in den Keller. Bis Mittwoch folgte eine kräftige Erholung, aber Schwankungen blieben auffallend stark. Vor allem Aktien von Reiseunternehmungen, Tourismus und Luxusgütern, die vor allem Asiaten lieben, litten unter Schwäche.

Die Schweiz hat im vergangenen Jahr 2019 einen relativ grossen Exportüberschuss erzielt. Dies ist vor allem dem Chemie- und Pharmasektor zu verdanken. Gemäss Zollstatistik wurden Waren im Wert von 242 Milliarden Franken exportiert. Das sind 3.9 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Importe legten um 1.6 Prozent auf 205 Milliarden Franken zu. Daraus ergab sich ein Exportüberschuss von 37 Milliarden Franken. Die Schweizer verdienen also weiterhin jeden zweiten Franken im Ausland. Bezüglich Unternehmensabschlüssen sind die beiden Pharmaunternehmungen Novartis und Roche zu erwähnen, beide Gesellschaften wuchsen 2019 zweistellig und erhöhen die Dividende. Ganz im Gegensatz litt Swatch unter Umsatz- und Gewinnrückgang. Sehr unterschiedlich waren die Ergebnisse der übrigen Industrien und Dienstleistungen. Givaudan, Surveillance und Emmi gefielen, Rieter und Komax präsentierten schwächere Ergebnisse. Stadler Rail erfüllte die sehr hohen Erwartungen nicht. Noch etwas kräftiger fielen die Aktienkurse der Jungfrau- und Titlisbahnen (je minus 6 Prozent). Hier sind in der Tat die Asiaten die grösste Kundengruppe, aber man geht davon aus, dass Gäste aus der Schweiz, dem übrigen Europa und dem Rest der Welt die erwarteten Ausfälle kompensieren dürften.

Aussichten

In der Berichtswoche waren die Aktienbörsen zeitweise Krisenmodus. Verstärkt werden die Schwankungen durch Termingeschäfte, Optionen und Leerverkäufen bzw. Rückdeckungen. Bereits aus früheren Krisensituationen haben wir gelernt, dass als Reaktion auf einen unerwarteten Kurssturz nicht unbedingt und unmittelbar gehandelt werden muss. Wenn nach einiger Zeit die fundamentalen Faktoren an Stelle der Emotionen wieder dominieren, der kann man bei übertriebenen Kursschwächen auf Schnäppchenjagd nach Renditeperlen gehen. Die Zinsen bleiben tief, die Geldpolitik der Notenbanken expansiv, Alternativen zu Aktien gibt es zurzeit immer noch kaum.

Die Folgen der Globalisierung sind unübersehbar, die Reisefreude bleibt. Nicht nur Finanzprobleme wirken sich weltweit aus, sondern auch alle übrigen Ereignisse zeigen ihre Wirkungen. Aber in den vergangen Jahren waren ähnliche Krankheiten harmloser als ursprünglich befürchtet, die Ängste waren nach wenigen Wochen vorüber, die Ansteckungsgefahr im Griff - beispielsweise bei Sars, Vogel- und Schweinegrippe. Damals haben sich die Finanzmärkte rasch beruhigt und erholt.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24