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05.11.2025
05.11.2025 14:43 Uhr

Oberland diskutiert GZO

Grosses Interesse auch an der Info-Veranstaltung in Gossau ZH.
Grosses Interesse auch an der Info-Veranstaltung in Gossau ZH. Bild: Barbara Tudor
Am 4. November 2025 fand eine weitere Info-Veranstaltung zur bevorstehenden GZO-Abstimmung statt, diesmal in Gossau ZH. Das Interesse war gross, die Sorgen sind es auch.

Am 4. November 2025 fanden sich etliche Einwohnerinnen und Einwohner in der Gossauer Altrüti ein, um sich über die bevorstehende Abstimmungsvorlage über die Kapitalerhöhung der GZO AG zu informieren. Von allen Seiten strömten sie zu Fuss, mit dem Velo oder Auto zum Saal auf dem Gossauer Berg.

Wie zuvor in Rüti und Wetzikon war die Veranstaltung auch in Gossau gut besucht und es mussten zusätzliche Stühle bereitgestellt werden, damit alle einen Platz zum Sitzen fanden. Wie angekündigt waren Vertreter der GZO AG anwesend. Red und Antwort standen VR-Präsident Andreas Mika und GZO-Direktor Hansjörg Herren.

Blitz-Auftritt von Jörg Kündig

Gleiche Grafiken, gleiche Informationen, ähnliche Fragestellungen aus dem Publikum wie an den Anlässen zuvor. Die einzige (Be)sonderheit gegenüber den Anlässen in Rüti und Wetzikon: Die Begrüssung von Gemeindepräsident Jörg Kündig – ehemaliger Verwaltungsratspräsident der GZO AG. Jenes Verwaltungsrates, der vor zehn Jahren die wohl grösste Fehlentscheidung in der Geschichte der GZO AG getroffen hat, die andere nun ausbaden müssen.

Kündig sagte kurz: «Es ist für mich nicht ganz einfach», um dann das Wort an seine Gemeinderats-Kollegin Sylvia Veraguth zu übergeben mit der Begründung: «Ich werde das Geschäft nicht vertreten. Es gibt eine saubere Trennung von Aufgaben und Funktionen, wie wir das immer getan haben.» Dann trat Kündig von der Bühne ab und nahm im Schatten des Scheinwerferlichts Platz.

Gemeinderätin Veraguth machte gleich zu Beginn klar, dass man am heutigen Abend nicht über die Vergangenheit sprechen, das Scheinwerferlicht also sozusagen woanders hinlenken will: «Das Licht steht auf der Zukunft und nicht auf der Vergangenheit», sagte sie einleitend.

Gossau müsste Kredit aufnehmen

Veraguth informierte die Anwesenden anschaulich über die Abstimmungsfrage und die Summe, welche die Gemeinde Gossau bei einem Ja zur Kapitalerhöhung von insgesamt 50 Millionen Franken beisteuern müsste: Es sind 4,865 Mio. Franken, gemessen am Bevölkerungsanteil der zwölf Aktionärsgemeinden.

Die Gemeinde Gossau verfügt – wie andere Aktionärsgemeinden – nicht über die Mittel, um die 4,865 Mio. Franken einzuschiessen. Das Geld müsste sie am Fremdkapitalmarkt aufnehmen, worauf Zinsen anfallen. Der Betrag sei «verkraftbar», sagte Veraguth. Man müsse aber natürlich die Schuldenbremse berücksichtigen, die vor kurzem beschlossen wurde und die ab 2027 greift.

Eine weitere Hürde: Damit Gossau die 4,865 Mio. Franken an die GZO AG zahlen kann, braucht es neben dem Ja an der Urne vorgängig auch ein Ja an der Gemeindeversammlung vom 17. November 2025, an der das Budget 2026 behandelt wird. Die 4,865 Mio. Franken sind Teil des Budgets 2026.

Sanierungskonzept mit Abhängigkeiten

Auch erläuterte Veraguth den Anwesenden verständlich, wie das Sanierungskonzept, welches die GZO AG erarbeitet hat, aussieht: Neben der Kapitalerhöhung von 50 Mio. Franken hat das GZO die Vorgabe, den operativen Betrieb weiter zu optimieren und Kosten zu sparen. Diese Hausaugaben scheint die GZO-Leitung gemacht zu haben. Gemäss GZO-Direktor Hansjörg Herren konnte das Spital trotz der aktuellen Krise eine positive EBITDA-Marge, also einen kleinen Gewinn, erzielen.

Die dritte und wohl wichtigste Komponente in dem Sanierungskonzept sind die Gläubiger – Pensionskassen, Versicherer, Lieferanten. Sie müssten im sog. Schuldenschnitt auf 65 bis 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Und das ist mit weit über 100 Mio. Franken nicht eben wenig. Das Problem: Lehnen eine oder mehrere Gemeinden die Kapitaleinlage ab, werden die Gläubiger dem Schuldenschnitt nicht zustimmen und den Nachlassvertrag ablehnen. Die Folge wäre gemäss Angaben der GZO AG der Konkurs.

«Die RPK befürchtet, dass die 50 Millionen Franken nicht ausreichen und dass der Spitalverbund nicht zustande kommt.»
Patrick Beetz, Gossauer RPK-Präsident

RPK Gossau ist gegen die Vorlage

Der Gossauer Gemeinderat stellt sich hinter die Vorlage und empfiehlt die Annahme. Der Businessplan sei von Experten geprüft, in Teilen als ambitioniert, aber als machbar beurteilt worden. Neben einer guten Gesundheitsversorgung gehe es auch um soziale Aspekte, um Arbeitsplätze.

Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) von Gossau hingegen lehnt die Vorlage ab. Diese Information sorgte für Raunen und Verwunderung im Saal. RPK-Präsident Patrick Beetz begründete die Ablehnung damit, dass die steigende Verschuldung der Gemeinde und der tiefe Selbstfinanzierungsgrad bedenklich seien (für 2026 rechnet der Gemeinderat mit einem Selbstfinanzierungsgrad von gerade mal noch 39 Prozent, Anm. d. Red.). Bereits vor zwei Jahren habe die RPK darauf hingewiesen. «Die RPK befürchtet, dass die 50 Millionen nicht ausreichen werden und dass der geplante Spitalverbund nicht zustande kommt», sagte Beetz. Die 4,8 Mio. Franken seien Risikokapital. «Die Gemeinde sollte mit den Steuergeldern verhältnismässig umgehen», so Beetz abschliessend.

Die RPK Gossau ist nicht die einzige Kommission, welche zu diesem Schluss kommt. Neben der RPK Bubikon und Rüti empfiehlt auch die RPK der grössten Aktionärsgemeinde Wetzikon die Ablehnung der Vorlage (wir berichteten).

50 Millionen für Neustart

Im Lauf des Abends wurde erklärt, warum es die 50 Millionen Franken brauche und wozu sie verwendet würden: Haben die Gemeinden den 50 Mio. Franken zugestimmt und unterzeichnen die Gläubiger den sog. Nachlassvertrag, muss die GZO AG die Gläubiger umgehend auszahlen mit den verfügbaren Mitteln, die sie noch hat. Dann ist die GZO AG sozusagen blank.

Die 50 Mio. Franken als liquide Mittel seien nötig, um den laufenden Betrieb sicherzustellen. 25 Millionen Franken würden zum Bezahlen der Löhne gebraucht, was gemäss GZO-VR-Präsident Andreas Mika für drei Monate reiche, 20 Mio. würden in den Neubau investiert, wobei der damit noch längst nicht fertiggestellt wäre, sondern sich dann erst in einem «Rohbau+»-Zustand befinden würde. Die restlichen 5 Mio. Franken würden als «eiserne Reserve» zurückgelegt.

Endziel Spitalverbund

Das erklärte Ziel innerhalb von fünf bis zehn Jahren sei ein Spitalverbund. Dabei sieht die GZO-Führung den Neubau als Wert an, der in diesen Verbund eingebracht werden könne. Dies, obwohl der Neubau, der schon über 100 Mio. Franken verschlungen hat, noch lange nicht fertiggestellt ist – und der Hauptturm, der unter Heimatschutz steht, sanierungsbedürftig ist.

Wie GZO-Direktor Hansjörg Herren vor wenigen Tagen im Interview mit Zürioberland24 sagte, bräuchte es für die Fertigstellung des Neubaus einen «mittleren zweistelligen Millionenbetrag». Für diesen Betrag, der etwas zwischen 20 bis 60 Millionen Franken sein kann, suche man derzeit nach Darlehensgebern. Diesbezüglich würden Gespräche stattfinden, so Mika. Der Spitalbetrieb laufe aber auch ohne Neubau und der Businessplan sei ebenfalls ohne Spitalverbund gerechnet worden. Im Haupthaus könne man mit gewissen Sanierungsarbeiten noch einige Jahre weiterarbeiten.

Gespräche mit anderen Spitälern für einen Spitalverbund seien derzeit natürlich schwierig. Niemand wolle mit einem Spital kooperieren, das sich in einer Nachlassstundung befinde, sagte Mika ehrlich. Auch deshalb wolle man so schnell wie möglich aus der Nachlassstundung raus.

«Es gibt nur einen Versuch, und der ist am 30. November.»
Andreas Mika, Verwaltungsratspräsident der GZO AG

Kein Plan B

In der anschliessenden Fragerunde wollte ein Gossauer wissen, ob es einen Plan B gebe, falls eine oder mehrere Gemeinden der Vorlage nicht zustimmen sollten. Gemeinderätin Veraguth sagte dazu klar: «Nein, es gibt keinen Plan B, und es laufen auch keine Gespräche diesbezüglich. Wir sind hier nicht auf dem Bazar. Zur Diskussion stehen die 50 Millionen Franken. Das ist nicht verhandelbar.»

VR-Präsident Mika fügte an, dass man sich bewusst sei, dass mit den 50 Mio. die Grenze erreicht sei. «Es gibt nur einen Versuch, und der ist am 30. November.» Und er ergänzte: «Wir werden wieder auf Sie zukommen. Aber nicht mit der Bitte um Geld, sondern mit der Bitte, einem Spitalverbund zuzustimmen.»

«Die Gemeindevertreter haben an den Aktionärsversammlungen entweder die Zahlen nicht richtig angeschaut oder sie nicht verstanden. Oder sie waren in Gedanken schon beim Apéro riche.»
Gossauer Bürger

«Wie viel soll ich eigentlich noch zahlen?»

Wie zuvor in Rüti und Wetzikon stellen sich die Menschen auch in Gossau die Frage, ob die Gesundheitsversorgung bei einer Schliessung des GZO noch sichergestellt wäre. Es steht ausser Frage: Sie stehen hinter dem GZO, seiner Arbeit und der Belegschaft. Auf der anderen Seite machen sich die Menschen aber auch Sorgen um die Kosten.

Eine Bürgerin sagte kritisch in die Runde: «Ich zahle schon höhere Krankenkassenprämien, jetzt zahle ich dann auch noch mehr über die Gemeindesteuern. Ich höre von Businessplänen und wie gut die seien. Aber wenn das nicht funktioniert, blechen wir. Das ist sicher.»

Auch wird an dem Abend deutlich: Das Vertrauen hat stark gelitten. Ein Mann sagte: «Man hört immer von Experten. Damals sagten diese Experten, dass man ein Spital bauen müsse. Jetzt ist das Geld weg. Diese Experten sind alle weg, zurückgetreten. Jetzt haben wir neue Experten. Denen kann man glauben oder nicht. Wenn es um die Verantwortung geht, werden auch die wieder zurücktreten. Bezahlen werden dann wieder wir.»

Auf die Gläubiger und den Schuldenschnitt angesprochen, sagte der Mann: «Das Geld der Gläubiger ist unser Geld, unser Pensionskassengeld, Versicherungsgeld. Und dann wundern wir uns, wenn die Renten zurückgehen?» In der Vergangenheit habe man zu wenig hingeschaut, kritisiert er an die Adresse der Aktionärsgemeinden. «Die Gemeindevertreter haben an den Aktionärsversammlungen entweder die Zahlen nicht richtig angeschaut oder sie nicht verstanden. Oder sie waren in Gedanken schon beim Apéro riche.»

Kurz darauf schloss Gemeinderätin Veraguth die Fragerunde zu vorgerückter Stunde und lud zum Apéro im Foyer mit den Worten: «Morgen kommt sowieso.»

Mehr zum Thema

Diese und viele weitere Beiträge rund um das GZO findest du im Online-Dossier auf Zürioberland24.

Barbara Tudor