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Eishockey
08.10.2025
08.10.2025 14:24 Uhr

«Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in Bürokratie sterben»

Markus Bütler im Weihnachtspullover in der St. Galler Kantonalbank Arena: Ans Christkind glaubt er nicht mehr, aber er hofft auf die kantonale Administration.
Markus Bütler im Weihnachtspullover in der St. Galler Kantonalbank Arena: Ans Christkind glaubt er nicht mehr, aber er hofft auf die kantonale Administration. Bild: Thomas Renggli
Die Rapperswil-Jona Lakers blicken auf einen hervorragenden Saisonstart zurück. Bei CEO Markus Bütler ist die Freude gross, doch die Verzögerung beim Bau der Trainingshalle trübt seine Laune.

Markus Bütler, die Lakers liegen auf dem 3. Platz und befinden sich derzeit auf Play-off-Kurs. Wie fällt Ihre Situationsanalyse aus?

Man darf zweifellos sagen, dass uns der Start in die Saison gelungen ist. Aber es kommen noch 40 Spiele und damit grosse Herausforderungen auf uns zu – schon am Freitag im Heimspiel gegen den Meister ZSC Lions.  Noch gibt es keinen Anlass, um euphorisch zu werden. Trotzdem: Was man hat, das hat man.

«Was man hat, das hat man.»
Markus Bütler

Was gibt Ihnen die Zuversicht, dass der dritte Tabellenplatz mehr nur als eine Momentaufnahme ist?

Auch das ist schwierig zu sagen. Praktisch jedes Spiel war sehr ausgeglichen und hätte auf beide Seiten kippen können. Deshalb möchte ich auf keinen Fall schon ein Fazit ziehen. Aber es gibt ein gutes Gefühl, wenn man gewinnt – und das Tor trifft. Vieles fällt einem leichter. Das merken doch alle Menschen. Wenn die Sonne scheint – und das meine ich auch im übertragenen Sinne – funktionieren die Dinge manchmal wie von alleine. Wenn man dagegen permanent im Gegenwind steht, ist alles schwieriger.

Bemerkenswert ist vor allem die Steigerung der Produktionsquote in der Offensive. Auf was führen Sie das zurück?

Das ist ein Puzzle aus vielen Einzelteilchen – beginnend bei den Torhütern, die einen Super Job machen und ihren Vorderleuten Sicherheit geben. Wenn die Defensive gut funktioniert und sich die Scheibe weniger lang in der eigenen Zone befindet, läuft automatisch auch das Vorwärtsspiel besser. Die Angriffsauslösung ist schneller, direkter und präziser. Dann bist du auch vor dem gegnerischen Tor gefährlicher. So besteht ein Zusammenhang zwischen allen Mannschaftsteilen – was sich auch im deutlich verbesserten Powerplay spiegelt. Aber nochmals: Es braucht alle sechs Spieler auf dem Eis.

«Mit unseren Fans im Rücken können wir es mit jedem Gegner aufnehmen.»
Markus Bütler

Aber Sie müssten eigentlich restlos zufrieden sein!

Sportlich bisher sicher. Ich würde mich aber freuen, wenn die Zuschauer unseren Erfolg noch stärker goutieren würden – und die Halle noch besser gefüllt wäre. Wenn die Ränge voll sind, ist die St. Galler Kantonalbank Arena eine echte Festung. Es gibt in der Schweiz nur wenige Stadien, in denen die Tribünen derart steil sind und das Publikum so nah am Geschehen ist. Mit der Unterstützung der Fans können wir jeden Gegner schlagen.

Trainer Johan Lundskog konnte erstmals die Saisonvorbereitung gestalten. Was hat dies verändert?

Johan war im vergangenen Herbst schon da – wenn auch in anderer Rolle. Aber er kannte die Mannschaft. Dies hat zweifellos geholfen. Nun konnte er reflektieren und seine verstärkten Inputs einbringen. Aber man sollte nicht alles dem Trainer zuschieben – weder im Erfolg noch im Misserfolg. Es braucht den ganzen Staff, die Physios und den Materialwart. Und es braucht eine ausbalancierte Mannschaftszusammensetzung. Aber nochmals: Wenn du gewinnst, fällt alles einfacher. Dann ergibt sich der vielzitierte Flow – und von dem wollen wir so lange wie möglich getragen werden.

Nicht überall ist die Gemütslage so gut wie in Rapperswil-Jona. Mit Bern, Genf und Ambri-Piotta haben schon drei Klubs den Trainer gewechselt – nach zehn Spielen. Wie ist dieser Panikmodus zu erklären?

Jeder Klub hat seine Erwartungshaltung – und seine Vorgeschichte. Was bei der Konkurrenz läuft, nimmt man zur Kenntnis – und manchmal weiss man es schon, bevor es die Medien wissen. Und Hand aufs Herz: Ich bin nicht unglücklich, wenn es bei den anderen nicht optimal läuft. Das gibt uns mehr Spielraum…

«Ein bisschen Spielraum bei der Konkurrenz schadet uns nicht.»
Markus Bütler

Höre ich da Schadenfreude?

Nein, auf keinem Fall. Ich wünsche niemandem etwas Schlechtes. Aber wenn jeder Klub das Optimale aus seinen Voraussetzungen schöpfen und alles streng nach Papierform laufen würde, wären die Rapperswil-Jona Lakers nun kaum auf dem 3. Platz.

Wie sehr hilft das momentane Hoch, um auch infrastrukturelle Projekte voranzutreiben?

Da sprechen Sie ein leidiges Thema an. Wir brauchen dringend unsere Trainingshalle. Der Sondernutzungsplan liegt seit Wochen beim Kanton ausgearbeitet auf dem Tisch. Aber nun geht es einfach nicht weiter – warum, ist unklar und ärgerlich für uns. Wenn ich in den Jura oder nach Zug schaue, könnte ich neidisch werden. Der HC Ajoie hat innerhalb von zwei Jahren neue Logen und ein neues Restaurant geplant und gebaut – und dies wenige Meter von der Strasse entfernt. Bei uns geht alles viel länger – obwohl keine Einsprachen vorliegen.

Ihr Verständnis scheint beschränkt…

… man darf ruhig sagen: ich bin ziemlich frustriert. Gelegentlich fühle ich mich in diesem Prozess wie ein Mitfahrer ohne jegliche Möglichkeiten, ans Steuer zu greifen. Die Rapperswil-Jona Lakers sind der einzige Klub in der National League ohne Trainingshalle. Wir haben momentan noch nicht einmal ein Aussenfeld in Betrieb – und dies bei 27 Teams. Vom Eislaufverein mit den vielen Mädchen, die Eiskunstlauf betreiben, spreche ich gar nicht.

Was sagt uns dies über die Schweizer Demokratie?

Wir müssen in der Schweiz aufpassen, dass wir nicht in der Bürokratie sterben. Oft fehlt mir das absolute Bekenntnis zum Sport. Einerseits wollen wir nicht, dass unsere Kinder am Bahnhof herumhängen und Energiedrinks konsumieren. Anderseits rauben wir ihnen die Plätze, um Sport zu treiben. Schon jetzt sind wir bei den Lakers an einem Punkt angelangt, an dem wir Kinder abweisen müssen. Uns fehlt schlicht der Platz, um mit allen richtig trainieren zu können.

«Wir dürfen nicht an der Bürokratie scheitern.»
Markus Bütler

Liegt es auch am Geld?

Nein. Der Finanzplan für die Halle steht – die Aktienkapitalerhöhung ist aufgegleist. Aber um sie starten zu können, brauchen wir einen amtlich gültigen Sondernutzungsplanung. Und da muss der Kanton handeln.

Wann rechnen Sie damit, dass die Halle steht?

Auch wenn ich nicht mehr selber Eishockey spiele, bin ich ein Sportler im Herzen – und deshalb ein unverbesserlicher Optimist. Man geht schliesslich in ein Spiel, um zu gewinnen. Ich hoffe auf die Baueingabe Ende Jahr. Dann könnte die Baubewilligung im Frühling vorliegen. Und wenn alles gut läuft, wäre die Halle Ende 2027 bezugsbereit. Aber wie gesagt: Das ist eine sehr optimistische Einschätzung.

Zurück zum Sport. Wo stehen die Lakers am 9. März 2026 – nach dem letzten Spiel der Regular-season?

Schwierig zu sagen. Wir hoffen, auf das Beste – und derzeit sieht es gut aus. Aber unser Saisonziel bleibt ein Platz in den Top 10. Dieser lässt alles offen. Wir dürfen nun nicht den Fehler machen, aufgrund des kurzfristigen Erfolgs in eine übertriebene Erwartungshaltung zu verfallen. So abgedroschen es tönt: Bescheidenheit, Demut und Respekt sind im Sport die besten Ratgeber.

Thomas Renggli