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26.07.2025
27.07.2025 07:29 Uhr

Glarner «Fridolin» nach Chur

Glarner Zeitung «Fridolin»: Kaum war Jörg Lutz am Werk, ging's bergab.
Glarner Zeitung «Fridolin»: Kaum war Jörg Lutz am Werk, ging's bergab. Bild: zVg
Somedia aus Chur übernimmt die Glarner Wochenzeitung Fridolin. Der Deal rückt Vermögensvollstrecker Jörg Lutz erneut in unschöne Machenschaften. Auch die Obersee Nachrichten sind betroffen.

Die Glarner Gratiszeitung Fridolin wird ab August 2025 von einer neu gegründeten Tochterfirma der Somedia übernommen. Grund für die Übernahme sind finanzielle Schwierigkeiten der bisherigen Herausgeberin, der Fridolin Druck und Medien Walter Feldmann AG. Sie befand sich seit Mai 2025 in einer stillen, provisorischen Nachlassstundung.

Erscheinungsbild bleibt

Nun übernimmt Somedia den Fridolin. Für die Leser hat das gemäss Somedia keine sichtbaren Folgen: Erscheinungsbild, Redaktion und Verteilung des Fridolin würden unverändert bleiben. Ebenso der Standort des Verlags in Glarus.

Die neue Herausgeberin heisst «Fridolin Medien AG». Sie übernimmt auch die Mitarbeitenden. Der bisherige Eigentümer, Unternehmensberater und Sanierer, Stefan Wenkebach, hatte noch im Frühling Optimismus gezeigt, konnte die Firma aber nicht wie geplant retten.

Wieder einmal Jörg Lutz

So schön das Geschäft auch tönt, hat es auch eine höchst fragwürdige Seite. Der Altdorfer Treuhänder Jörg Lutz, der 2019 als Willensvollstrecker des verstorbenen Verlegers Walter Feldmann eingesetzt wurde, steht wieder einmal im Zentrum eines finanziellen Niedergangs.

1,5 Millionen für ON 

Lutz begann sich ab seiner Einsetzung als grosser Verleger anstatt als Willensvollstrecker im Dienste der Feldmann-Erben in Szene zu setzen Er verschob Gelder in Hunderttausender-Tranchen als gehörten sie ihm – und kaufte obendrein mit dem Fridolin-Verlag von der Churer Somedia noch die angeschlagenen Obersee Nachrichten für 1,5 Millionen Franken. Mit vielen derartigen, gemäss Glarner Gericht gar «dubiosen» Geschäften führte Lutz den kerngesunden Fridolin-Verlag in den finanziellen Ruin. 

«Schwere Pflichtverletzungen»

Am 3. Juni 2025 wurde Lutz nach seiner Misswirtschaft vom Glarner Kantonsgericht als Willensvollstrecker der Feldmann-Erben wegen «schweren Pflichtverletzungen» abgesetzt.

Doch da war der Schaden schon angerichtet: Wegen den Machenschaften von Lutz wurde das seit 1966 bestehende, zuvor florierende Glarner Verlagshaus in die Arme des Churer Verlags Somedia getrieben. Konsequenz: Mit Somedia gibt es im ganzen Kanton Glarus nur noch einen Zeitungsverlag. 

Schicksal der «ON» offen 

Die Übernahme des «Fridolin» könnte auch das Schicksal der Gratiswochenzeitung ON besiegeln. Die seit 1999 zum Churer Verlag Somedia gehörende Zeitung rutschte nach dem Ausscheiden von Verleger Bruno Hug als Geschäftsführer ab 2018 in die roten Zahlen, weshalb die Churer die ON 2022 an den Glarner Fridolin verkauften – mit den beschriebenen tristen Folgen sowohl für das Glarner Traditionsblatt als auch für die Obersee Nachrichten. Sie wird von Somedia nicht übernommen, womit ihr Schicksaal völlig offen ist.

Chancenloser Sanierer

Ab letzten Oktober versuchte der Unternehmensberater Stefan Wenkebach noch, das Steuer des in Schieflage geratenen Fridolin-ON-Verlags herumzureissen. Letztlich aber befand er sich auf verlorenem Posten. Die in der Lutz-Ära entstandenen Schulden, man spricht von über drei Millionen Franken, waren zu hoch, als dass die Selbständigkeit des Fridolins noch zu retten gewesen wäre. 

Fehlende Medienvielfalt

An der Rettung von «Fridolin» und ON war auch Verleger Bruno Hug interessiert. Hug, der momentan im Ausland weilt, sagt auf Anfrage, es wäre wichtig gewesen, dass im Kanton Glarus mit zwei Verlagshäusern weiterhin Medienvielfalt bestanden hätte. Aber die Verstrickungen zwischen Somedia und dem Fridolin-Verlag seien derart gross gewesen, dass es kaum mehr möglich gewesen sei, in ein Bieterverfahren einzutreten.  

Thomas Renggli