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Schweiz
13.05.2025

Polizisten ohne Waffen und eine kofferfreie Stadt

v.l.n.r.: Präsident IG–Freiheit Gregor Rutz, Emmanuel Fivaz Verband Polizeibeamter und Pierre-Antoine Hildbrand, Stadtrat Lausanne, der den Preis stellvertretend entgegennahm.
v.l.n.r.: Präsident IG–Freiheit Gregor Rutz, Emmanuel Fivaz Verband Polizeibeamter und Pierre-Antoine Hildbrand, Stadtrat Lausanne, der den Preis stellvertretend entgegennahm. Bild: Ursula Litmanowitsch
Bereits zum 19. Mal hat die IG Freiheit den «Rostigen Paragraphen» am Montagabend im Club Aura für die absurdesten politischen und gesellschaftlichen Vorstösse verliehen. Von Ursula Litmanowitsch

«Welcher Amtsschimmel wiehert wohl am lautesten?» fragte IG–Freiheit-Präsident und Nationalrat Gregor Rutz rhetorisch und freute sich über die grosse Beteiligung im Saal: «Als wir vor 19 Jahren mit der Vergabe des Preises starteten, mussten wir übrigens noch herum telefonieren, um überhaupt Publikum zu haben, und jetzt sind wir hier 350 Personen!». Für Bankenprofessor Hans Geiger, der bisher jede Preisverleihung besucht hat, steht fest:« Der Rostige Paragraph ist ein unterhaltsamer Anlass, an dem man viele gute Leute trifft.»

Brennwald moderiert

Die Moderation lag auch dieses Jahr wieder bei Vollprofi Reto Brennwald, der soeben seinen neuen Dokfilm «Das Erfolgsgeheimnis der Schweiz.ch» fertig gestellt hat. An seiner Seite gab die Kindergärtnerin Livia Stancescu, ehemalige Mitarbeiterin von Gregor Rutz, ihr Debut.

Der Hauptpreis für die Grünen

Das Verdikt im öffentlichen Online-Voting war klar: Der Vorstoss von Ilias Panchard von der Grünen Partei Lausanne für ein Waffenverbot für Polizisten setzte sich mit 44 Prozent der Stimmen klar durch. Laut Panchard sitzen viele Polizisten nur im Auto oder üben Tätigkeiten aus, bei denen eine Schusswaffe unnötig sei.

Panchard war indes nicht persönlich anwesend. Stellvertretend nahm der Lausanner Sicherheitsdirektor Pierre–Antoine Hildbrand die Trophäe entgegen. Brennwalds Frage, ob die Lausanner Polizei nun künftig ein Kuschelkommando anstatt eine Einsatztruppe werde, verneinte dieser klar. Obwohl das Stadtparlament dem Vorstoss zugestimmt habe, werde man die Polizei nicht entwaffnen.  

Wohnungen nur für Velofahrer

Auf dem zweiten Platz landete der ebenfalls nicht anwesende Zürcher Stadtrat André Odermatt wegen der neuen städtischen Siedlung «Tramdepot Hard» mit 193 Wohnungen, 670 Veloabstellplätzen, aber nur 19 Auto–Parkplätzen. Wer eine Wohnung mieten möchte, muss eine Autoverzichtserklärung unterschreiben.

  • Moderationsprofi Reto Brennewald und Livia Stancescu, die ihre Premiere als Moderatorin hatte. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Angie und Marc Burgeois, Unternehmer und Zürcher Kantonsrat. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Ökonom Hans Geiger, ehem. Direktor Bankeninstitut Zürich. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Alt Nationalrat, Unternehmer und Braumeister Alois Gmür, Einsiedler Bier. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Gemeindepräsident St. Moritz, Unternehmer und Entertainer Christian Jott Jenny. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Daniela und Guido Tognoni, Ex Fifa-Direktor und GM Altay Athletics –Club. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Geschäftsleiterin Agroscope Eva Reinhard und Martin Haab, Präsident Zürcher Bauernverband (ZBV). Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Juristin und NZZ–Redaktorin Katharina Fontana und Beat Rieder, Rechtsanwalt und Ständerat VS. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Nationalrat Mauro Tuena und Linda Steiner, Ressortleiterin Politik bei Swissmem. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Melanie Racine, Vizepräsidentin Jungfreisinnige Schweiz. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Nationalrat Andreas Glarner und Vinotrade – Geschäftspartner Yves Blülle. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Nationalrat und Unternehmer Bruno Walliser. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • CEO Pifax Ralph Frey und Marc Hofer, Geschäftsführer Stiftung RgZ. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • v.l.n.r.: René Zwicky, CEO Lichtensteinische Landesbank Schweiz (LLB), Kevin Feierabend, Inhaber Brunner Eisenwaren, Reto Sigrist, Vizedirketor LLB Zürich. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Unternehmer Extenso Urs Rüdlinger und Frank Eisenhut, Swiss Life. Bild: Ursula Litmanowitsch
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Jenny for President?

Beim Lohn ist die Stadt weniger kritisch: Auch mit einem Jahreslohn von über 180'000 Franken darf man günstig wohnen, wenn man kein Auto hat. Bruno Walliser, Nationalrat und Kaminfegermeister mit eigenem Unternehmen meinte dazu, dass er niemals eine solche Wohnung in der Stadt möchte: «Ich bin zwar leidenschaftlicher Velofahrer, aber aus sportlichen Gründen, nicht aus ideologischen.»

Zudem besitze er zwei Autos, eines davon ein elektrisches: «Zur Beruhigung des Gewissens, aber es steht meistens in der Garage, weil es schwierig ist, unterwegs zu laden.» Als Clou lancierte Walliser dann noch den ebenfalls anwesenden St. Moritzer Gemeindepräsidenten und Zürcher Entertainer und Unternehmer Christian Jott Jenny als valablen Anwärter für das neu zu besetzende Zürcher Stadtpräsidium. Dieser hingegen witzelte: «Mir gefällts vorläufig in St. Moritz ganz gut, aber ich bin im Zuge der Verschlankung der Verwaltung daran, mich bald selber abzuschaffen.»

Die vergrabenen Unterhosen

Der dritte Platz mit 16 Prozent der Stimmen ging an den Luzerner Nationalrat David Roth für seine Forderung für ein Verbot von Rollkoffern. Knapp nicht auf das Podest schaffte es Eva Reinhard, Chefin von Agroscope, mit 15 Prozent der Stimmen. Agroscope lancierte mit der Universität Zürich ein Projekt und rief die Bevölkerung dazu auf, ihre Unterhosen im Garten zu vergraben – zur wissenschaftlichen Erforschung der Bodenqualität. Mittels einer eigens entwickelten App sollen die Fundorte geortet und die Unterwäsche – bzw. was davon übrigblieb – ausgewertet werden können.

Auf die Frage, weshalb denn ausgerechnet Unterhosen, gab Reinhard zu: «Man hätte auch Teebeutel nehmen können». Mit dieser Antwort liess sie die Anwesenden im Saal allerdings verdutzt zurück. Und der Zürcher Bauernpräsident Martin Haab gestand zur allgemeinen Heiterkeit, dass er zur Qualitätsprüfung seines Bodens keine Boxershorts vergraben hätte.

Der fünfte Platz ging mit 6 Prozent der Stimmen an die grüne Bundeshaus-Fraktion - und deren Forderung der Einführung einer Luxussteuer.

Die Talkrunde auf der Bühne mit NZZ–Redaktorin Katharina Fontana, dem Walliser Ständerat Beat Rieder sowie Universitätsprofessor Christoph A. Schaltegger befasste sich unter anderem mit der Finanzierung der Kinderbetreuung, insbesondere von Kitas nach der kürzlich erfolgten Zustimmung im Nationalrat. «Wir haben eine Ansammlung von Beutejägern im Parlament» bemerkte Schaltegger dazu.

Bei einem reichhaltigen Apero wurden nach der Preisvergabe noch interessante und teilweise hitzige bis heitere Gespräche weiter geführt.

Ursula Litmanowitsch