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Rapperswil-Jona
10.02.2025
11.02.2025 06:20 Uhr

Weltensegler Oliver Heer: «Das Ziel zum Greifen nah»

Held der Weltmeere: Oliver Heer aus Rapperswil-Jona.
Held der Weltmeere: Oliver Heer aus Rapperswil-Jona. Bild: PD / Oliver Heer
Oliver Heer, Weltensegler aus Rapperswil-Jona, steht kurz vor einem historischen Triumph. Als erster Segler aus der Deutschschweiz wird er die Vendée Globe erfolgreich beenden.

Die 13. Woche der Weltumseglung Vendée Globe hat Oliver Heer mit weiteren Herausforderungen konfrontiert und seine Geduld auf die Probe gestellt, ihn aber auch mit Momenten herrlicher Segelbedingungen belohnt.

Seegras und Rückschläge

Die Woche begann mit drei harten Segeltagen, unerbittlichen Wellen, dem Kampf gegen den Wind und knochenharten Momenten an Bord, als das Boot gegen das wilde Wasser kämpfte.

Kaum Schlaf, aber neuen Lebensgeist

Mit seinem typischen Pragmatismus nahm Heer dies aber gelassen hin. In sein Logbuch schrieb er: «Es ist wirklich schwierig, bei diesem Seegang zu schlafen und sich auf dem Boot zu bewegen. Aber ich komme recht schnell voran, und das ist das Leben für die nächsten Tage - ich werde es schon schaffen!»

An Tag 87 tauchte ein weiteres Hindernis auf: Seegras; ganz viel Seegras. Um durch diese Zone zu segeln, musste Heer alle 30 Minuten sein Ruder reinigen - eine anstrengende Aufgabe, die ihn die ganze Nacht über in höchster Alarmbereitschaft hielt.

Bild: zVg

Entspannte Bedingungen

Doch schon 48 Stunden später hatten sich die Bedingungen entspannt, und Ollie konnte endlich ein fantastisches Segelerlebnis geniessen. Er wusste, dass dies nicht von Dauer sein würde - die Vorhersage zeigte eine schwierige Übergangszone an, in der schwächere Winde die stetigen Passatwinde ablösen würden.

Heimtückische Flaute

Selbst mit dieser Prognose hätte ihn aber nichts auf die heimtückische Flaute vorbereiten können, die an Tag 90 eintrat.

Eben noch segelte er mit 18 Knoten Wind - im nächsten Moment war der Wind auf unter acht Knoten gesunken. Heer wartete nervös und hoffte, dass der Antrieb zurückkehren würde.

In den frühen Morgenstunden verflüchtigte sich die Flaute, und Ollie konnte das Boot wieder auf volle Fahrt bringen. Eine frustrierende Verzögerung - aber eine Lektion in Sachen Anpassungsfähigkeit.

Bild: zVg

Die Kraft des Hier und Jetzt

Am Samstag hatte Ollie seine Frustration abgeschüttelt und sich stattdessen auf die Gegenwart konzentriert. Bei den warmen Temperaturen und den perfekten Bedingungen wusste er, dass diese Momente nicht von Dauer sein würden, wenn er nach Norden segelte, wo das Wetter unberechenbarer war.

In dieser Phase erinnerte er sich an sein mentales Trainingsmantra: «Bedauern gehört ins Gestern, Sorgen ins Morgen. Das Glück liegt im Hier und Jetzt.»

Eine starke Perspektive – für das ganze Leben

Eine Woche vor dem Ende des Rennens fühlt es sich so an, als sei die Ziellinie zum Greifen nah - aber bei 1900 Meilen, die noch vor Oliver Heer liegen, kann alles passieren. Heer ist müde, das Boot ächzt unter den Belastungen - aber die Entschlossenheit bleibt bei 100 Prozent.

Heer muss zu Beginn der Woche eine knifflige Übergangszone durchfahren, eine komplizierte Streckenführung um die Azoren herum bewältigen und die sich entwickelnden Wettersysteme im Nordatlantik genau im Auge behalten.

Noch eine Herausforderung

Die letzte Etappe wird nicht einfach sein, aber eines ist sicher: Oliver Heer wird einen Moment nach dem anderen nehmen und konzentriert bleiben, bis er die Ziellinie überquert hat.

Ein neuer Feiertag für Rapperswil-Jona

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird die Reise am Sonntag, den 16. Februar, enden. Das Team, die Partner, die Familie und die Freunde machen sich diese Woche auf den Weg nach Les Sables d'Olonne. 

Alle warten gespannt darauf, dass Ollie und sein Boot «Tut gut» die Ziellinie überqueren und als erster Segler aus der Deutschschweiz überhaupt die Vendée Globe beendet. Der Tag wird auch in der Geschichte von Heers Heimat, Rapperswil-Jona, einen ganz speziellen Platz einnehmen.

Oder mit anderen Worten: Stadtpräsidentin Barbara Dillier müsste den kommenden Sonntag eigentlich auf dem kurzen Dienstweg zu einem neuen Feiertag befördern.

Bild: zVg
Thomas Renggli