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Kanton
10.02.2025
10.02.2025 14:40 Uhr

Verzicht auf russisches Uran liegt im Regierungsinteressen

Grüne-Kantonsrat Gschwend stellte der Regierung Fragen zur Abhängigkeit der Schweizer Atomindustrie von Russland, u.a. bezieht das AKW Beznau russisches Uran.
Grüne-Kantonsrat Gschwend stellte der Regierung Fragen zur Abhängigkeit der Schweizer Atomindustrie von Russland, u.a. bezieht das AKW Beznau russisches Uran. Bild: www.ratsinfo.sg.ch/AKW Beznau/www.pixabay.com/Collage: Linth24
Schweizer AKWs sind abhängig von russischem Uran. Meinrad Gschwend stellte der Regierung Fragen zu dieser Abhängigkeit in Bezug auf den Ukraine-Krieg. Die Regierung antwortete nun.

Kantonsrat Meinrad Gschwend (Grüne) erkundigte sich in seiner Einfachen Anfrage vom 24. Oktober 2024 über die Abhängigkeit der Schweizer Atomindustrie von russischen Uranlieferungen, insbesondere im Kontext des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine.

Gschwend bezieht sich dabei unter anderem auf die Uranbeschaffung des Atomkraftwerks Beznau, das vollständig von russischem Uran abhänge, und auf die Rolle des Kantons St.Gallen als Mitbesitzer von Axpo, die das AKW betreibe.

Die Regierung antwortete am 4. Februar 2025 und weisst in ihrem Schreiben daraufhin, dass die Beantwortung der Fragen unter Einbezug der Axpo Holding AG erfolgte, da diese als Betreiberin des AKW Beznau unmittelbar von den angesprochenen Themen betroffen ist. Die Antworten würden dabei grösstenteils auf den von Axpo bereitgestellten Informationen basieren.  

Antworten zu den einzelnen Fragen

1. Ist der Antrag an die Axpo erfolgt und mit welchem konkreten Ergebnis?

«Anlässlich der Generalversammlung der St.Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) vom 6. Mai 2022 forderten die Eigentümerkantone St.Gallen und Appenzell Ausserrhoden die SAK auf, als Aktionärin mit Axpo Gespräche bezüglich des Bezugs von russischem Uran aufzunehmen und unter Berücksichtigung einer angemessenen Interessensabwägung auf die schnellstmögliche Kündigung der entsprechenden Lieferverträge mit russischem Uran hinzuwirken», schreibt die Regierung in ihrer Antwort.

In der Folge sei das Thema ausführlich zwischen den damaligen Verwaltungsratspräsidenten von SAK und Axpo besprochen worden.

Dabei wurde den beiden Eigentümerkantonen die Haltung von Axpo wie folgt übermittelt:

«Russland war in der Vergangenheit ein wichtiger Lieferant für zahlreiche Kernkraftwerke in Europa. Neben der Qualität der Lieferungen spielte dabei immer auch die hohe Zuverlässigkeit der Geschäftsbeziehungen eine Rolle.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat diese positive Ausgangslage allerdings komplett verändert. Auch Axpo ist der Meinung, dass eine Neubeurteilung der Lage notwendig geworden ist. Dieser Prozess wurde unmittelbar nach Beginn des Angriffskrieges initiiert.»

In den von Axpo geführten Kernkraftwerken Beznau und Leibstadt komme derzeit russisches Uran zum Einsatz:

«Für das Kernkraftwerk Beznau hat Axpo langfristige Bezugsverträge für Uran und Brennelemente mit dem französischen Unternehmen Framatome – wobei der russische Energiekonzern Rosatom Unterlieferant ist.

Das Kernkraftwerk Leibstadt bezieht je zur Hälfte kanadisches und russisches Uran. Axpo entwickelt derzeit alternative Liefer- und Beschaffungswege, um sich von russischen Lieferanten und Unterlieferanten unabhängig zu machen. Entsprechend steht Axpo in Gesprächen mit verschiedenen westlichen Marktakteuren.»

Neue Verträge mit russischen Lieferanten oder Unterlieferanten würden nicht abgeschlossen.   

Axpo trage die aktuellen und künftigen Sanktionen gegen Russland vollumfänglich mit. Solange allerdings keine Sanktionen im Kernbrennstoffbereich in Kraft seien, würde eine einseitige Kündigung der laufenden Lieferverträge aus rechtlichen Gründen hohe Schadenersatzzahlungen nach sich ziehen.

Eine einseitige Kündigung würde dazu führen, dass ein grosser Teil der Zahlungen geleistet werden müsste, ohne einen Gegenwert zu erhalten – das würde die russische Seite sogar stärken.

«Die Regierung erkennt die von Axpo eingeschlagene Strategie an. Ein überstürzter Wechsel der Lieferketten würde aufgrund logistischer Herausforderungen und potenzieller Qualitätsprobleme erhebliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen.

Daher wird der schrittweise Übergang auf alternative Bezugsquellen als sinnvoller und nachhaltiger Ansatz bewertet», schreibt die Regierung weiter.

2. Wieviel bezahlte die Axpo – pro Jahr – für Uran für das AKW Beznau an Rosatom in den letzten Jahren?

Verträge zwischen Axpo und ihren Lieferanten würden dem Geschäftsgeheimnis unterliegen, teilt die Regierung im Bezug auf diese Frage mit.

3. Im April 2024 hat Axpo angekündigt, eine eventuelle Laufzeitverlängerung für das AKW Beznau zu untersuchen. Wird demnach bereits jetzt aktiv nach einem neuen Uranlieferanten Ausschau gehalten? Welche Kriterien werden bezüglich der Risikobewertung in der Lieferkette, beispielsweise bezüglich problematischer Herkunftsländer, angewendet? Werden sich die Kosten für den Uranbezug, aus künftig wohl weniger problematischer Quelle, erhöhen? Wird das einen Einfluss auf die Rentabilität des AKW Beznau haben?

«Nach umfangreichen Prüfungsarbeiten hat Axpo entschieden, den Betrieb des AKW Beznau bis zum Jahr 2033 zu sichern. Im Rahmen dieser Arbeiten sind eine Vielzahl anspruchsvoller organisatorischer, technischer, logistischer, ökonomischer und regulatorischer Fragen abgeklärt und damit verbundene Risiken beurteilt worden. Das gilt auch für die künftige Beschaffung von Spaltstoff. 

Die Kosten für die Spaltstoffbeschaffung werden wesentlich durch die Preise an den internationalen Rohstoffmärkten beeinflusst. Kernkraftwerke weisen im Verhältnis nur geringe variable Kosten, darunter auch die Kosten für Spaltstoff, aus.

Deutlich höher liegen dagegen die Fixkosten der Anlagen. Wie z.B. auch bei Wasserkraftwerken wird die Rentabilität der Anlagen deshalb entscheidend von der Entwicklung der Strompreise auf den internationalen Märkten bestimmt», schreibt die Regierung zur dritten Frage.

4. Gibt es eine juristische Möglichkeit einen Liefervertrag zu kündigen, wenn eine der beiden Partien völkerrechtswidrig handelt? 

Axpo habe ihre Beschaffungsstrategie für Kernbrennstoff nach Ausbruch des Angriffskriegs in der Ukraine grundlegend überarbeitet.

Mit der Umsetzung der neuen Beschaffungsstrategie sei die Versorgung der Kernkraftwerke ohne Lieferungen von Spaltstoff aus Russland sichergestellt. Axpo schliesse im Rahmen dieser Strategie neue Verträge ohne Uranlieferungen aus Russland ab. Alternative Anbieter dafür seien vorhanden. 

Und weiter: «Axpo kommt grundsätzlich ihren vertraglichen Verpflichtungen nach. Das Nichterfüllen abgeschlossener Verträge zieht Schadenersatzzahlungen nach sich. Sanktionen im Kernenergiebereich gibt es demgegenüber nach wie vor keine. 

Die Beschaffung von Spaltstoff wird zwischen Betreibern und Lieferanten im Rahmen von privatrechtlichen Verträgen geregelt. Innerhalb der Grenzen des Rechts und des internationalen Sanktionsregimes hat die Vertragsfreiheit grundsätzlich Gültigkeit.

Die USA verbieten den Import von russischen Uranprodukten voraussichtlich ab dem Jahr 2028. Die EU hat bisher keine entsprechende Sanktion ergriffen. Die Schweiz hat bisher die Politik verfolgt, die von der EU ergriffenen Sanktionen nachzuvollziehen».

5. Ist die Abhängigkeit von russischem Uran und damit die Beteiligung des Kantons St.Gallen an die russische Kriegskasse, ein Grund um auf eine (rasche) Schliessung des AKW Beznau zu beharren? 

Es liege im Interesse der Regierung, dass auf russisches Uran möglichst verzichtet werden könne. Ob und inwiefern dies Auswirkungen auf eine Schliessung des AKW Beznau habe, könne die Regierung jedoch nicht beurteilen.

www.ratsinfo.sg.ch/Linth24