- Von Bruno Hug
Offenbar sind Rappi-Jonas Stimmbürger der Überzeugung, dass all die Probleme der letzten Jahre auf das Konto des Bauchefs gehen. Von der versenkten Avenida über die vielerorts kritisierte Verdichtung in der Stadt bis zum Freibad Lido – um nur einige zu nennen. Die Unzufriedenheit mit Bauchef Thomas Furrer hat sich zudem schon an den Wahlen 2016 gezeigt. Zu ihm gingen schon damals 1'957 leere Stimmzettel ein. In der aktuellen Wahl erhielt Furrer nun von 8'959 möglichen Stimmen lediglich noch deren 3'467 – und wurde damit abgewählt.
Furrer: Neuanfang und «mit sich im Reinen»
Gegenüber Linth24 sagt Furrer nach der Wahl: «Sicher kommt die Abwahl für mich überraschend. Es gibt offenbar eine grosse Mehrheit, die den Neuanfang will». Egal wie man sich diesen vorstelle. Furrer vermutet, dass das Wahlresultat auch «eine Abrechnung wegen der gescheiterten Projekte» sei. Viele wollten auch «einfach eine Neupositionierung der Stadt». Bezüglich seiner Zukunft habe er bereits Stellenangebote aus dem öffentlichen Bereich erhalten und ergänzt: «Mit mir selber bin ich im Reinen.»
Sensation Leutenegger
Im Gegenzug wurde der Neu-Einsteiger Christian Leutenegger (parteilos) mit Bravour, sprich mit 5'349 Stimmen im ersten Wahlgang gewählt, was fast als Sensation bezeichnet werden kann. Der Baufachmann führte einen zurückhaltenden, anständigen Wahlkampf und drängte sich nirgendwo in den Vordergrund. Auch liess er seinen Kontrahenten Furrer in seinen öffentlichen Auftritten stets «leben». Wie es scheint, überzeugte das, sowie wohl auch sein berufliches und persönliches Profil.
Und wie der abgewählte Bauchef Furrer mutmasst, führte den Erdrutschsieg von Leutenegger eventuell auch das Faktum herbei, dass in der Stadt baulich tatsächlich viele einen Neuanfang wollen. Das Bestreben von Furrer, die Stadt, höher, grösser und dichter zu gestalten, ging vielleicht doch an der Bevölkerung vorbei.
Es braucht wieder Vertrauen
Furrers Nachfolger Christian Leutenegger sagt gegenüber Linth24: «Die ganze Wahl war völlig offen. Gegen Schluss hatte ich ab und zu Zweifel, blieb aber ruhig und konzentriert. Ich freue mich auf die Herausforderung, die zu Beginn sicher viele Gespräche erfordert. Alle müssen am gleichen Strick ziehen und im Interesse der Stadt wirken. Es braucht wieder Vertrauen in das Amt. Taten statt Worte sind gefordert. Meine Nachfolge bei meinem jetzigen Arbeitgeber ist sichergestellt, sodass ich mein Amt unbelastet antreten kann.»
Wink aus dem Volk für Stöckling
Ein rechtes, aber kein brillantes Resultat erzielte Stadtpräsident Martin Stöckling. Von 9'310 eingegangenen Stimmzetteln erhielt er 6'363 Stimmen. Trotzdem müsste ihn das «Wahlprotokoll» beunruhigen: Immerhin gingen zu ihm 2'162 leere Stimmzettel sowie 732 Stimmzettel für vereinzelte Kandidaten ein. Gesamt sind das gegen 3'000 Stimmende, die mit dem Stadtpräsidenten unzufrieden sind.
Stöckling dürfte gut daran tun, diesen Wink aus dem Volk ernst zu nehmen. Weitere vier Jahre im selben Stil könnten auch für ihn unangenehm werden. Vielleicht dämmert im Präsidium nun doch der Gedanke, dass es in einer erfolgreichen Stadtführung nicht darum geht, die Opposition (oder das Gegenüber) in die Ecke zu reden, sondern das Volk zu spüren und kluge Projekte vorzulegen.
Stöckling sagt zu seinem Resultat gegenüber Linth24: «Im Vorfeld der Wahl hatte ich gemischte Gefühle.». Er sehe auch die leeren und diversen Stimmen, die abgegeben worden seien und rund einen Drittel der gültigen Stimmen ausmachen würden. «Der ganze Stadtrat muss die Resultate jetzt analysieren und alles bereinigen.»
Der wiedergewählte Stadtpräsident sagt weiter: «Die Wahl ist eine Bestätigung des Gremiums, jedoch mit einem Aber. Die Bilanz ist nicht so gut, aber auch keine so schlechte, wie immer geschrieben wird.» Er führt dies auch auf die Schwierigkeit zurück, mit dem Stimmvolk kommunizieren zu können. Dies sei gegenüber früher schwer geworden.