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Rapperswil-Jona
10.10.2024
13.10.2024 07:57 Uhr

Pest, Cholera und Anstand

Bild: Adobe Stock
In der Linth-Zeitung erschien ein Leserbrief, der die beiden Stadtpräsidiums-Kandidaten von Rapperswil-Jona mit Seuchen vergleicht. Ein Kommentar von Mario Aldrovandi

Im Mittelalter starb ein Drittel der Bevölkerung Europas an der Pest. Das waren damals 25 Millionen Tote. Auch heute noch sterben weltweit mehrere hundert Menschen am «Schwarzen Tod».

Eine zweite grosse Krankheit ist die Cholera. Im letzten Jahr erkrankten weltweit 535'000 Menschen an dieser Seuche, welche vor allem Kleinkinder und alte Menschen trifft. 4'000 unter den Erkrankten starben letztes Jahr.

Und nun erscheint in der Linth-Zeitung vom Dienstag – in der sogenannten Grossauflage – ein Leserbrief, welche die Wahl zwischen dem amtierenden Stadtpräsidenten Martin Stöckling und seiner Herausforderin Barbara Dillier als «Wahl zwischen Pest und Cholera» bezeichnet.

Die beiden Politiker werden also mit Seuchen verglichen. Der Autor des Leserbriefs findet, dass «diese derbe Redewendung leider ziemlich gut passt».

Unterschrieben ist dieser Leserbrief von einem Pascal Zwicky aus Jona. Freigegeben hat die Publikation der Redaktionsleiter der Linth-Zeitung Urs Zweifel oder seine Mitredaktoren.

In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen:

Welcher Kandidat repräsentiert welche Krankheit? Ist Stöckling die Pest und Dillier die Cholera oder ist es umgekehrt? Das müsste Herr Zwicky beantworten. und natürlich auch die Fragen: Welche Krankheit ist schlimmer und warum vergleicht er Menschen mit Krankheiten?

Zwei Fragen an die Redaktion der Linth-Zeitung wären: Welche Massstäbe gelten bei der Veröffentlichung von Leserbriefen? Wird alles veröffentlicht, solange es nicht strafbar ist, oder gibt es eine Art Anstands-Barometer auf dieser Redaktion?

Der Kodex des Schweizerischen Presserats schreibt zum Thema Leserbriefe: «Die berufsethischen Normen gelten auch für die Veröffentlichung von Leserbriefen und Online-Kommentaren.»

Mann und Frau mögen von Stöckling und Dillier politisch halten, was ihnen beliebt und sie wählen oder nicht.

Aber die Kandidaten engagieren sich für die Gesellschaft; im Gegensatz zu den keifenden, tatenlosen Leserbriefschreibern und im Gegensatz zu einer Zeitungsredaktion, die alles publiziert, was ihrem persönlichen Geschmack entspricht, nicht aber dem politischen Anstand dient.

Mario Aldrovandi, Linth24