«Die Verfahren laufen zurzeit gegen verschiedene natürliche Personen und gegen Unbekannt», teilte die Bundesanwaltschaft (BA) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Im Rahmen der betreffenden Verfahren hätten die BA und das Bundesamt für Polizei Hausdurchsuchungen und Einvernahmen durchgeführt.
Das Unternehmen Incop im Fokus
Über die Vorwürfe berichteten am Montag zuerst die Tamedia-Zeitungen. Sie schrieben, Personen hinter der Service-Citoyen-Initiative hätten wegen vieler ungültiger Unterschriften Verdacht geschöpft und Strafanzeige eingereicht. Die fraglichen Unterschriften habe das Unternehmen Incop gegen Geld gesammelt.
Ganze Bögen abgeschrieben
Zum Teil seien offenbar ganze Bögen von älteren Volksbegehren abgeschrieben worden. Incop war für Keystone-SDA telefonisch zunächst nicht erreichbar.
Kein politisches Muster
Die Bundesanwaltschaft äusserte sich nicht dazu, um welche Initiativen es geht und gegen wen sich die Verfahren richten. Offenbar sind auch weitere Volksbegehren respektive kommerzielle Unterschriftensammler betroffen.
Ein klares politisches Muster ergab sich nach Angaben des Kantons Waadt dabei nicht. Unter dem guten Dutzend Volksbegehren, bei denen man am meisten fingierte Unterschriften festgestellt habe, seien sowohl solche aus dem rechts-konservativen Lager als auch solche mit ökologischen Anliegen - und Initiativen, die sich parteipolitisch nicht klar verorten lassen.
Neutralitätsinitiative betroffen
Zu den betroffenen Initiativen gehörten demnach die Pro-AKW-Initiative «Blackout stoppen», die Neutralitätsinitiative, die Massentierhaltungsinitiative und die Initiative für ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte.
Eine der Strafanzeigen zum Thema stammt von der Bundeskanzlei, wie diese auf Anfrage bestätigte. Man habe die Anzeige 2022 eingereicht und seither mehrfach ergänzt. «Die Meldungen über Verdachtsfälle betreffen in unterschiedlichem Ausmass rund ein Dutzend eidgenössische Volksinitiativen», schrieb Sprecher Urs Bruderer.
Tatort Westschweiz
Dabei gehe es schwergewichtig um Unterschriftenlisten aus Gemeinden der Westschweiz, wobei man aber seit letztem Winter auch zunehmend Verdachtsmeldungen aus der Deutschschweiz erhalte.
Was die konkreten Folgen der mutmasslichen Fälschungen angeht, geht Bruderer aber derzeit nicht vom Worst-Case-Szenario aus: «Es liegen keine Hinweise vor, dass Volksinitiativen oder Referenden dank gefälschter Unterschriften zur Abstimmung gelangt sind.» Vielmehr lasse die Zahl der von den Gemeinden für ungültig erklärten Unterschriften, darauf schliessen, dass die Kontrolle der Gültigkeit der eingereichten Unterschriften funktioniere.