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23.08.2024

Straffähigkeit unter Vollrausch

Wer Alkohol trinkt und Auto fährt, muss mit einer Busse rechnen. (Symbolbild)
Wer Alkohol trinkt und Auto fährt, muss mit einer Busse rechnen. (Symbolbild) Bild: Unsplash: Engin Aykurt
Begeht jemand eine Straftat, ist er laut Gesetzgebung zu bestrafen. Doch gibt es auch Ausnahmen, etwa dann, wenn der Täter im Vollrausch war – egal, ob wegen Alkohol oder Drogen.

Woran lässt sich ein Vollrausch erkennen?

Straftat ist nicht gleich Straftat. So gibt es viele Unterschiede bei der Beurteilung, ob jemand infolge eines Verbrechens voll straffähig ist, beschränkt oder ob es sogar eine Schuldunfähigkeit gibt.

Im Rahmen des Schweizerischen Strafgesetzbuches wird ein Vollrausch so geahndet, dass ein Täter der bei der Verübung eines Gewaltdelikts unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stand, nur als beschränkt schuldfähig einzustufen ist. Laut Artikel 19, Absatz 4 des Strafgesetzbuchs gibt es jedoch die Option, eine Strafmilderung zu erhalten oder sogar einen Straferlass.

Ein grosses Problem solcher Beurteilungen besteht darin, dass bei zahlreichen Fällen grundsätzlich von einer Schuldunfähigkeit ausgegangen wird, da die Täter ohnehin als süchtig eingestuft werden. Von dem besagten Gesetz wurde daher nur selten Gebrauch gemacht. Dementsprechend war es für gewalttätige Suchtabhängige einfach, einer entsprechenden Strafe zu entgehen.

Eine tiefgreifendere Strafe wurde nur dann angewandt, wenn die persönliche Situation des Täters beurteilt und anschliessend berücksichtigt wurde. Nur dann wurden in der Regel schwerwiegendere Urteile ausgesprochen.

Wegen Vollrausch Straffreiheit beim Begehen einer Straftat?

Generell gilt, dass um eine Bestrafung anzuordnen, ein Täter auch schuldfähig sein muss. Selbstverständlich neben der Erfüllung eines Straftatbestandes. Laut Strafgesetzbuch muss er «das Unrecht seiner Tat einsehen oder gemäss dieser Einsicht handeln».

Innerhalb der Schweiz gelten Personen unterhalb eines Alters von zehn Jahren als grundsätzlich schuldunfähig. Bei Jugendlichen und Erwachsenen sieht die Situation hingegen etwas anders aus. Hier muss je nach Einzelfall geprüft werden, ob eine Schuldfähigkeit vorhanden ist oder nicht.

Wichtig ist hierbei, zunächst die Handlung an sich zu beurteilen. Lässt sie sich klar als strafbare Handlung einordnen, ist als nächstes die jeweilige Schuldfähigkeit in Betracht zu ziehen. Hierbei spielen zum Beispiel Faktoren wie psychische Beeinträchtigungen eine Rolle, darunter Psychosen, Manien oder Depressionen. Persönlichkeitsstörungen können ebenfalls als eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit angesehen werden, wozu beispielsweise auch mangelnde Intelligenz oder Neurosen gezählt werden.

Besteht der Verdacht einer Schuldunfähigkeit, gehen die meisten Strafbehörden dazu über, ein Gutachten erstellen zu lassen. Dieses wird von einer Fachperson übernommen, die feststellen kann, ob der Täter zum Zeitpunkt der Straftat schuldfähig war oder nicht. Dementsprechend fällt auch die verhängte Strafe aus. Bei einer Schuldunfähigkeit erfolgt keine Strafe, bei einer verminderten Schuldfähigkeit wird das Strafmass hingegen verringert.

Der Unterschied zum Vollrausch besteht jedoch darin, dass die meisten Täter in diesem Fall bewusst dazu beigetragen haben, diesen Zustand zu erreichen. So ist es zum Beispiel in vielen Situationen üblich, dass jemand beim abendlichen Restaurantbesuch Alkohol zu sich nimmt und hinterher trotzdem selbst mit dem Auto nach Hause fährt.

Das Strafgesetzbuch innerhalb der Schweiz sieht heutzutage ein mehrstufiges System vor, um sicherzustellen, dass ein Täter, der im Vollrausch eine Straftat begangen hat, angemessen bestraft wird. Diese Vorgehensweise wird auch als «Actio libera in causa» bezeichnet. Es werden praktisch sämtliche Massnahmen getroffen, damit lediglich ein Unverschuldeter bei völliger Schuldunfähigkeit straflos bleibt.

Wird jedoch festgestellt, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat und er in vollem Bewusstsein darüber war, dass er unter Alkoholeinfluss eine Straftat beging, kann der Täter seitens des Gerichts keine Strafmilderung erwarten, denn er hat jegliches Risiko billigend in Kauf genommen.

Gut zu wissen

Es spielt keinerlei Rolle, wie hoch der Alkoholspiegel zum Tatzeitpunkt war. Wird ein Täter als schuldunfähig eingeordnet, bedeutet dies nicht, dass seine Tat völlig ohne Konsequenzen bleibt. In einem solchen Fall verhängt das Gericht in der Regel eine Sicherheitsverwahrung im Rahmen einer stationären Behandlung, bei welcher die jeweilige Störung oder Sucht behandelt werden soll. Auf diesem Weg erhält der Täter praktisch eine Option zur Besserung, damit sich ein derartiges Ereignis zukünftig möglichst nicht wiederholt.

Vergleich zu Deutschland

Innerhalb Deutschlands gibt es ebenfalls innerhalb der Gesetzgebung ein paar Richtlinien, wenn es um die Schuldfähigkeit eines Täters geht, der sich im Vollrausch befand.

Laut Paragraph 323a des Strafgesetzbuchs (StGB) macht sich jemand strafbar, wenn er sich in einen Vollrausch versetzt und infolge dessen eine Straftat begeht. Gleichzeitig kann er aber aufgrund des Rausches nicht als schuldfähig eingestuft werden. Die deutsche Gesetzgebung hat dieses Vorgehen dahingehend geregelt, dass der Täter nicht für das Fehlverhalten bestraft wird, sondern für das vorsätzliche und fahrlässige Sich-Berauschen, welches ohnehin unter Strafe gestellt wird.

Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Vollrausch durch Alkohol oder andere Rauschmittel herbeigeführt wurde. In einem solchen Fall liegt laut Gesetz ein Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz vor, welches rechtlich gesehen nicht mit dem Vollrausch in Verbindung steht.

Betroffene Täter, die für ein solches Vorgehen verurteilt werden, müssen mit einer Strafe von fünf Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe rechnen. Generell wird die Tat jedoch nur dann verfolgt, wenn ein Antrag gestellt wird. Hierfür muss eine sogenannte Ermächtigung oder ein Strafverlangen vorliegen, sofern eine Rauschtat dem Ganzen vorausgegangen ist.

Redaktion Kreuzlingen24/ss / Linth24