Der Journalist Jürg Streuli aus Wetziikon hatte den Eindruck, dass diese 20Minuten Geschichte (https://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/-Ich-musste-mich-nackt-ausziehen--16743619) nicht alle Facetten beleuchtet. Er fragte bei der Kapo St.Gallen nach und sendete deren Antwort an Linth24. Hier das Originalmail, unterschrieben von Florian Schneider, dem Stv Leiter Kommunikation der Kantonspolizei St.Gallen.
So beschreibt die Kapo den Fall
Ich kann Ihnen folgenden, wesentlichen und unveröffentlichten Teil der Geschichte darlegen: Gegen die Frau wurde durch das zuständige Betreibungsamt aufgrund einer Zivilforderung ein Betreibungsverfahren geführt. Die 75-Jährige wurde aufgrund mehrfachem Ungehorsam des Schuldners im Betreibungs- und Konkursverfahren bei der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen zur Anzeige gebracht. Dies, weil sie mehrmals auf Vorladung des zuständigen Betreibungsamtes zum Erscheinen nicht reagierte und nicht erschien, obwohl sie von den Vorladungen Kenntnis hatte.
In der Folge wurde sie im November 2017 durch die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen zu einer Busse von 300 Franken verurteilt. Im damaligen Strafbefehl stand auch, dass bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen droht. Der Strafbefehl wurde nach Ablauf der ungenutzten Einsprachefrist rechtskräftig.
Im weiteren Verlauf wurde die Frau im Januar und Februar 2018 gemahnt. Diese Mahnungen hat sie erhalten. Schliesslich wurde die Frau erfolglos betrieben. Im März 2019 erhielt die 75-Jährige eine Aufforderung zum Strafantritt im Juni 2019, da die Busse immer noch nicht bezahlt worden war. In diesem Schreiben wurde sie auch darauf hingewiesen, dass bei Nichterscheinen zum Strafantritt die polizeiliche Zuführung erfolgt. Ebenfalls wurde darauf hingewiesen, dass sie die Busse von 300 Franken bis zum Strafantritt bezahlen könne, wobei auch Teilzahlungen möglich seien. Die Frau reagierte nicht darauf, weshalb das Dossier an den Straf- und Massnahmenvollzug weitergeleitet wurde und schliesslich die Kantonspolizei St.Gallen den Auftrag zur Zuführung erhielt.
Eine Patrouille der Kantonspolizei St.Gallen suchte die Frau an ihrem Wohnort auf. Sie wurde anschliessend im Patrouillenfahrzeug und ohne Handschellen zur Polizeistation Uznach transportiert. Auch dort hätte die Frau nochmals die Möglichkeit gehabt die Busse zu bezahlen oder jemanden über die Festnahme zu informieren den geforderten Bussenbetrag hätte vorbeibringen können.
Im Artikel ist erwähnt, dass sich die Frau nackt ausziehen musste. Das ist richtig. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Visitation. Diese wird immer durch Personal des gleichen Geschlechts durchgeführt. Diese Massnahme wird konsequent durchgeführt und dient zur Sicherheit aller Personen in einem Gefängnis. Dabei wird sichergestellt, dass die inhaftierte Person keine gefährlichen Stoffe oder Gegenstände zur Selbstverletzung oder der Verletzung des Personals auf sich trägt. Mit dieser Massnahme kommt die Polizei ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den inhaftierten Personen nach. Dass diese Massnahme unangenehm ist, ist uns bewusst und ist auch für das Personal nicht angenehm. Sie dient jedoch dem erwähnten Zweck.
Aufgrund von notwendigen Verschiebungen von Haftplätzen musste die Frau dann trotz der kurzen Haftzeit in ein anderes Gefängnis verlegt werden. Diese Häftlingstransporte finden schweizweit durch eine externe Sicherheitsfirma und nicht durch die Polizei statt. Sämtliche transportierten Personen werden dabei mit vorne montierten Handschellen gefesselt. Die Transportfahrzeuge entsprechen den geltenden Vorschriften, genauso wie die Transportwege auf einen möglichst angenehmen Streckenverlauf ausgelegt sind. Während einem solchen Transport muss sichergestellt werden, dass die inhaftierte Person nicht entweichen kann oder sich in einem zu grossen Transportabteil verletzen kann.