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26.06.2024
26.06.2024 14:41 Uhr

Beamter angeklagt - der Hintergrund

Will sich zum laufenden Verfahren nicht äussern: Ex-Gemeindepräsident von Maur Bruno Sauter.
Will sich zum laufenden Verfahren nicht äussern: Ex-Gemeindepräsident von Maur Bruno Sauter. Bild: Gemeinde Maur
Bruno Sauter, zwischen 2006 und 2014 Gemeindepräsident von Maur, sitzt auf der Anklagebank. Die kantonale Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh wirft ihrem früheren Chefbeamten Unterschlagung vor.

Bruno Sauter, früherer Chef des Amts für Wirtschaft und Arbeit im Kanton Zürich (AWA), soll Honorare unterschlagen haben. Dabei geht es um Verbandsmandate, die der Beschuldigte zusätzlich zu seinem normalen Arbeitspensum ausführen musste.

Eines dieser Ämter war das Präsidium des Verbands Schweizerischer Arbeitsmarktbehörden (VSAA), das er auf ausdrücklichen Wunsch von Regierungsrat Ernst Stocker übernommen hatte. Bei einem anderen Mandat handelte es sich um ein Engagement bei Zürich Tourismus. Die vermeintliche Schadenssumme soll 80‘000 Franken betragen.

Differenziertes Bild

Während Sauter, der heute in der Gemeinde Maur ZH als Mitglied der Rechnungsprüfungskommission und Präsident des Gewerbevereins politisch weiterhin aktiv ist, keine Stellung nehmen will und auf das laufende Verfahren verweist, ergeben Recherchen im Umfeld des Zürcher Volkswirtschaftsdepartements ein differenziertes Bild.

Obwohl sich öffentlich niemand äussert, werden die Vorwürfe gegen Sauter weitgehend entkräftet: Im Falle des Engagements beim VSAA habe während Sauters Tätigkeit die Arbeitslosenkasse den vollen Lohn des Chefbeamten beim AWA bezahlt, und während seiner Tätigkeit bei Zürich Tourismus habe Sauter darauf verzichtet, dem Kanton Stunden und Reisespesen zu verrechnen.

Zürich Tourismus sei also faktisch für den Mehraufwand des Beamten aufgekommen. Dem Kanton sei kein finanzieller Schaden entstanden.

Schweigt ebenfalls: Carmen Walker Späh. Bild: zVg

Weshalb klagt Walker Späh erst jetzt?

Weshalb aber erstattet Carmen Walker Späh ausgerechnet jetzt Anzeige – also rund fünf Jahre nach Sauters Absetzung unter bis heute nicht geklärten Umständen? In der Zürcher Politik wird hinter vorgehaltener Hand von einer persönlichen Abrechnung und Hexenjagd gesprochen. Walker Späh habe sich mit dem forschen und selbstbewussten Auftreten Sauters immer schwer getan. Es sei ihr nicht leicht gefallen, das Scheinwerferlicht mit einem Untergebenen zu teilen.

Rita Fuhrer verteidigt Sauter

Die langjährige Regierungsrätin Rita Fuhrer, im Volkswirtschaftsamt eine Vorgängerin von Walker Späh und jene Frau, die Sauter einst eingestellt hatte, kann zu den konkreten Vorwürfen nichts sagen. Grundsätzlich bricht sie aber eine Lanze für Sauter: «Wir hatten immer einen offenen und konstruktiven Austausch – auch über Mandate und zusätzliche Honorare. Ich hatte nie das Gefühl, dass etwas nicht ehrlich deklariert war.»

Die Geschichte, dass Bruno Sauter auf eigene Initiative Visitenkarten habe drucken lassen und sich selber zum «Deputy Minister» befördert habe, entkräftet sie: «Ich persönlich habe dies für unsere englischsprachigen Visitenkarten angeregt. Denn im Ausland war oft nicht klar, welche Rolle wer spielt. Der Titel Amtschef wird im Ausland oft gar nicht verstanden oder missverstanden.»

Der Mann, der Google nach Zürich brachte

Doch noch wichtiger ist wohl: Fuhrer brachte Sauter Vertrauen und Goodwill entgegen, arbeitete auf Augenhöhe mit ihm zusammen und gewährte ihm auch medialen Auslauf. So konnte sich Sauter auch damit profilieren, bei der Lancierung der Zürcher Niederlassung von Google eine Schlüsselrolle gespielt zu haben.

Am Schluss nur Verlierer?

Dies alles handhabte Carmen Walker Späh weniger entspannt. Deshalb kommt es nun zu einem Gerichtsfall, bei dem viel (öffentliches) Geld vernichtet wird – und eigentlich niemand gewinnen kann.

Thomas Renggli, Portal24