«Ich war in sie verliebt.» Damit eröffnet der Ex-SP-Politiker Cem Kirmizitoprak das Gespräch. Verliebt war er, doch in wen? Und warum will er sich öffentlich darüber äussern?
Die Geschichte beginnt im vergangenen Herbst.
Da kam ans Licht, dass ein «unangemessener Vorfall» zwischen Cem und einer Mitarbeiterin der Beratungsstelle Inklusion, geleitet von Cem, stattgefunden haben soll. Zum Schutze ihrer Persönlichkeit wird die Betroffene fortan nur als S.M. bezeichnet. Eine Stellungnahme seitens SP liess nicht lange auf sich warten.
«Ich war in S.M. verliebt und bin es auch heute noch», sagt der Kurde. Super verstanden haben sie sich. Doch dieses gegenseitige Verständnis hilft nicht weiter. Denn als die Liebelei ans Licht kommt, wird Cem eigenen Aussagen nach von der Parteileitung aufgefordert, seine damalige Kandidatur für den Kantonsrat zurückzuziehen.
Was bleibt Cem also übrig? Den Stecker gleich selber ziehen und austreten. «Ich wurde aus der Liste gemobbt», liess er damals verlauten. «Die SP sagte, dass sie den Fall nicht beurteilen will – und trotzdem haben sie dies getan», so Cem. «Ich habe ausserdem ein Dreiergespräch vorgeschlagen, aber das haben sie gar nicht thematisiert. Sie seien keine Paartherapeuten.»
Nicht auslebbare Sexualität
Und davon ist er auch heute noch überzeugt. Der Autor trifft den Politiker am 2. Mai 2024 im Benevol-Park. Der Politiker wirkt reserviert, nachdenklich und nicht mehr annähernd so aufgeschlossen wie früher. Unabhängig davon, ob er jetzt Täter oder Opfer ist – der Fall geht ihm nahe. Die Schuldfrage soll den dafür zuständigen Personen überlassen werden.
Wie erwähnt spricht man bei der SP von einem «unangemessenen Vorfall». Dass man nach aussen hin keine Details nennt, liegt auf der Hand. Doch auch intern schien man lange Zeit zu schweigen: «Ich wusste von keinen konkreten Vorwürfen.» Eine Straftat gibt es laut Cem nicht. Doch habe er noch bis am 1. Mai 2024 gedacht, «dass ich S.M. sexuell belästigt habe».
Zwei Gespräche haben mit der Partei stattgefunden – das letzte davon Anfang Mai. «Immerhin weiss ich jetzt, was mir vorgeworfen wird.» Nämlich, dass er die Person tatsächlich belästigt habe. «Das jedenfalls wirft mir die SP vor.» Dennoch ist es für Cem unverständlich, wieso ihm so etwas vorgeworfen wird. «Ich bin im Rollstuhl. Was kann ich einem anderen Menschen schon antun?» Ausserdem betont er: «Ich bin behindert! Meine Sexualität kann ich gar nicht ausleben.»