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Schweiz
23.02.2024
23.02.2024 07:22 Uhr

Pipilotti Rist endlich anerkannt

Eine von Rists Licht- und Videoinstallationen: Kunst und Bau Kunsthaus «Tastende Lichter»
Eine von Rists Licht- und Videoinstallationen: Kunst und Bau Kunsthaus «Tastende Lichter» Bild: Stadt Zürich
Die Videokünstlerin Pipilotti Rist - ursprünglich aus dem St.Galler Rheintal - erhält den mit 50'000 Franken dotierten Kulturpreis des Kantons Zürich.

Mit dem Preis zeichnet die Zürcher Regierung die weltweit bekannteste aktuelle Schweizer Künstlerin aus.

Pipilotti Rist, geboren 1962, studierte Gebrauchs-, Illustrations- und Fotografik, bevor sie von 1986 bis 1988 an der Schule für Gestaltung in Basel die Videofachklasse bei René Pulfer besuchte.

Lebensmittelpunkt Zürich

Pipilotti Rist war Mitbegründerin der Musikband und Performance-Gruppe «Les Reines Prochaines» und bis 1994 mit auf der Bühne. Bereits während ihrer Basler Studienzeit veröffentlichte sie Videos, die für Aufsehen sorgten. Rasch gelang ihr der Sprung in die weite Welt, auch wenn ihr Lebensmittelpunkt immer Zürich blieb. 1994 fand im Kunstmuseum St. Gallen ihre erste grosse Ausstellung statt, weitere folgten weltweit, ebenso Einladungen an die Biennalen von Venedig und São Paulo. 1997 wurde sie zur künstlerischen Leiterin der Schweizer Landesausstellung Expo.01 (realisiert als Expo.02) ernannt, 2002 lehrte sie auf Einladung des Künstlers Paul McCarthy an der University of California in Los Angeles. 2009 erschien ihr Spielfilm «Pepperminta».

Künstlerische Welten für verschiedene Gesellschaftsschichten

Rists Werke und Bildsprache zeichnen sich aus durch Freude an optischer, akustischer und haptischer Sinnlichkeit, schreibt der Regierungsrat. In ihren Installationen vereine sie Licht, Farbe, Sound, Movie und Action und eröffne künstlerische Welten für verschiedene Gesellschaftsschichten. Sie arbeitet meist ortsspezifisch, vielfach mit Projektionen auf Architektur und Textilien oder verwandelt ganze Ausstellungsräume in choreografierte Landschaften.

Raffiniert untersuche sie damit den vermeintlichen Wirklichkeitsgehalt des Mediums Video und die wenig hinterfragten Seh- und Denkgewohnheiten unserer Gesellschaft. Dabei gelinge es ihr, das Publikum auf spielerische Art und Weise mitzureissen und den Kunstgenuss zu einem persönlichen Erlebnis werden zu lassen.

Wegweisende Figur für zeitgenössische Videokunst

Pipilotti Rist zählt zu den wichtigsten Schweizer Künstlerinnen und Künstlern der Gegenwart und gilt weltweit als wegweisende Figur der zeitgenössischen Videokunst. Mit satten, bunten Bildwelten und wild wuchernden Installationen hat die geborene Elisabeth Charlotte Rist die Welt der Kunst erobert und zieht seit Jahrzehnten Massen in die Ausstellungshallen. Nur wenigen künstlerischen Positionen der Gegenwart vermag dies zu gelingen.

Pipilotti Rist wurde vielfach ausgezeichnet und ihre Arbeiten sind mittlerweile international in den wichtigsten Sammlungen der Gegenwartskunst vertreten. Mit der Verleihung des Kulturpreises 2024 des Regierungsrates soll diese herausragende Künstlerin, die die Sprache der Videokunst weltweit revolutioniert hat und zu den bedeutendsten Kunstschaffenden der Gegenwart zählt, ausgezeichnet werden.

Zwei Förderpreise

Die beiden Förderpreise von je 30’000 Franken gehen in diesem Jahr an die Band District Five und die Schriftstellerin Ivna Žic.

District Five ist eine Band der Zürcher Musikszene und eine musikalische Ausnahmeerscheinung, so der Regierungsrat. Bereits in ihrem Studium an der Zürcher Hochschule der Künste haben sich die vier Musiker mit ganz unterschiedlichen Hintergründen kennengelernt: Schlagzeuger Paul Amereller orientierte sich früh am Rock, Saxofonist Tapiwa Svosve am Avantgardejazz und an der neuen E-Musik, Gitarrist Vojko
Huter produzierte Hip-Hop, der Kontrabassist Xaver Rüegg spielte Jazz. Mit der Perkussionistin Bérénice Awa Keller haben sie für einzelne Konzerte Zuwachs erhalten und engagieren sich über ihre eigene Band hinaus unermüdlich für die Zürcher Musikszene. Ob Jazz, Postpunk oder Electronica: District Five steht für eine neue Generation von Musikerinnen und Musikern, die Genres sprengt und radikal neue Ausdrucksformen sucht.

Ivna Žic, geboren 1986 in Zagreb, aufgewachsen in Zürich, gehört zu den jüngeren Stimmen der Schweizer Literatur. Ivna Žic studierte Angewandte Theaterwissenschaft, Schauspielregie und Szenisches Schreiben in Giessen, Hamburg und Graz. Einfallsreich und mit kritischem Geist sucht sie in ihren Texten nach einer Sprache für die vielen widersprüchlichen Schichten von Identität und Herkunft. In ihrem Debütroman «Die Nachkommende» erzählt Žic von der Spurensuche einer jungen Frau in Kroatien. Dieses literarische Unterfangen der Autorin wurde mit einer Nomination sowohl für den Österreichischen als auch für den Schweizer Buchpreis gewürdigt. Von 2020 bis 2022 gehörte Žic zum Leitungsteam vom Theater HORA in Zürich und arbeitet auch weiterhin an Projekten mit dem Ensemble.

Goldene Ehrenmedaillen für Hohler und Grandjean

Franz Hohler lebt in Zürich und ist als freischaffender Kabarettist und Schriftsteller seit über fünfzig Jahren eine Institution des Schweizer Kulturlebens. Hohler, der fünf Semester Germanistik und Romanistik an der Universität Zürich studierte, ist vor ungezählten Schulklassen aufgetreten und erreicht bis heute mit seinen humorvollen und pointierten Auftritten auf Kleinkunstbühnen im ganzen Land breite Gesellschaftsschichten. Seine Kooperationen – unter anderem mit Hanns Dieter Hüsch oder Emil Steinberger – geniessen Legendenstatus. Zusammen mit René Quellet hat Franz Hohler lange die Sendung «Das Spielhaus» für das Schweizer Fernsehen gemacht, seine Geschichten waren früh präsent im Radio – heute könnte man sagen, sein «Totemügerli» sei «viral gegangen».

1965 lancierte Franz Hohler mit «Pizzicato» sein erstes literarisch-musikalisches Soloprogramm. Bereits 1968 erhielt er mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis eine erste Auszeichnung für sein Schaffen – etliche weitere Preise folgten. Hohlers Krondisziplin bleibt aber die Kurzprosa. 

Matthias Grandjean lebt in Zürich, ist seit 2003 Ensemblemitglied des Theaters HORA, das neue Massstäbe in der Arbeit mit Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderungen gesetzt hat. Er sei ein Vorbild für viele Bühnenkünstlerinnen und -künstler mit Trisomie 21 – gibt es doch in der Schweiz kaum welche, die so lange in dem Beruf arbeiten würden, schreibt der Kanton. Seine Musikalität, sein choreografisches Gespür für Timing und die kontrollierte Körperlichkeit zeige sich in jeder Geste, in jedem Gang. So auch in seinem Tanzsolo der Produktion «Disabled Theatre» des Starchoreografen Jérôme Bel, die beim Berliner Theatertreffen ausgezeichnet wurde und international tourte.

In seiner letzten Regiearbeit «Der Mann der von der Erde fiel» reflektiert Matthias Grandjean seine gesellschaftliche Rolle als Mensch mit Behinderung. Er spielt selbst auch die Hauptrolle, nämlich einen Ausserirdischen, der auf der Erde landet.

Zürioberland24/Linth24