Die Toilette steht in der Ausstellung «Spot on» als Metapher und Schnittstelle für das Innen und Aussen, das Sichtbare und das Unsichtbare: Was gerade noch unsichtbarer Teil des Menschen war, wird als sichtbare Ausscheidung in der Toilettenschüssel zu etwas ekelbesetztem, um sofort in Abwasserrohren und der Kanalisation zu verschwinden.
Diese Un-/Sichtbarkeiten rund um die Toilette werden in der Ausstellung auf gesellschaftlicher und psychologischer Ebene erkundet. Im Zentrum von «Spot on» stehen das Design von privaten und öffentlichen Toiletten, toilettenbezogene Produktwerbung, Verhalten und Aktivitäten in und auf der Toilette, Blicke und Blickrichtungen an diesem schambesetzten Ort, Hygiene und Hygienevorstellungen, die Tabuisierung des Gangs aufs WC und ihre Gründe, Genderfragen, sowie Abwassersysteme und ihre Verwandtschaft zur menschlichen Verdauung.
Sinnbildlich für die Leitmotive «Innen vs Aussen« und «Sichtbar vs Unsichtbar» stehen die Arbeiten Toilet Paper (2019) von Daniel Eatock und Cap (2016), ein gehäkeltes WC-Rollen Hütchen von Andreas Slominski, sowie The Old In Out (1998) von Sarah Lucas. In Lucas‘ Werk wird die Toilette als potentiell ekelauslösendes Objekt zu einer anziehenden, transparenten und urinfarbigen Skulptur, gegossen aus Polyurethan.
The Old In Out erinnert an die berühmteste Toilette der Kunstgeschichte, das Readymade Fountain aus dem Jahr 1917. Das Urinal, ein geschlechtlich besetztes und tabuisiertes Objekt, wurde im selben Jahr nicht zur eigentlich unjurierten Ausstellung der Society of Independent Artists zugelassen.
Heute wird diskutiert, ob das Readymade tatsächlich von Marcel Duchamp eingereicht wurde, oder nicht viel eher von einer Frau, der DadaKünstlerin Elsa von Freytag-Loringhoven. Um dieser Frage zu begegnen, wurden für «Spot on» zehn Künstlerinnen eingeladen, eine Hommage an Fountain von Elsa von FreytagLoringhoven zu realisieren – als Antwort auf die zahlreichen Hommagen, die sich auf Duchamps Fountain beziehen.
Die Alte Fabrik ist fast genauso alt wie Fountain: die erste Produktionsstätte des heute weltweit tätigen Konzerns Geberit AG feiert ihr 101-jähriges Jubiläum, das Anlass zu dieser Ausstellung gibt. Hier wurden vor allem Spülkästen mit Bleiausschlag und Innengarnituren aus Messing und Blei hergestellt, die eine zuverlässige Spülung gewährleisteten.
Parallel mit der Entwicklung des Toilettensystems festigte sich, was mit der Modernisierung begonnen hatte: Die Toilette wurde im Zivilisationsprozess zu etwas angstbesetztem, obwohl Toiletten objektiv sauberer wurden. Und der Gang zur Toilette wurde zunehmend tabuisiert.
Anhand der Toilette lassen sich Modernisierungstheorien als Fortschrittstheorien hinterfragen: Bereits 3000 v. Chr. gab es Aborte mit Wasserspülung, im römischen Reich gar mit Fussbodenheizung und Marmorsitzen ausgestattete Latrinen. Im Mittelalter hingegen entsorgte man die Notdurft bekanntermassen in den Gassen.
Offensichtlich unterliegen Toiletten einem gesellschaftlichen Wandel. So erstaunt es nicht, dass die umfangreiche Studie The Bathroom (1966) von Alexander Kira zum Design von Toiletten und Badezimmern in einer Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs publiziert wurde. Kira konstatierte, dass das Design von westlichen Toiletten den anatomischen Bedürfnissen des Menschen nicht entspricht und wollte dieses nicht weniger als revolutionieren – ohne Erfolg, denn es ist bis heute weitgehend gleichgeblieben.