In der verkürzten Wochen nach Pfingsten hat der Risikoappetit der Anleger nochmals deutlich zugelegt. Nur am Donnerstag gab es einen kurzen Marschhalt. Die Gründe dafür liegen bei den Corona-Ängsten, die weiter in den Hintergrund treten, bevorstehende Grenzöffnungen und auch die umfangreichen Konjunktur-Ankurbelungsprogramme der Regierungen und Notenbanken beeinflussen positiv. Alles zusammen sorgt für Hoffnungen auf eine rasche Erholung der Wirtschaft.
Weltpolitisch gibt es immer noch zahlreiche «Baustellen» wie der Konflikt USA-China, die Hong-Kong-Krise - und neu dazu kommt ein Fall, bei dem ein Afroamerikaner bei einer Polizeikontrolle Minneapolis starb. Damit wurde klar, dass es in den USA eine weit verbreitete Misswirtschaft in Polizei und Justiz gibt, welche auch dem Präsidenten bei seiner Wiederwahl im Spätherbst gefährlich werden könnte, falls er nicht handelt.
Corona-Krise und Lockdown haben vor allem der Flugindustrie geschadet. Die Börsenkapitalisierung der Lufthansa ist beispielsweise derart geschrumpft, dass sie sich die Aktie aus dem deutschen Aktienindex (30 grösste Werte) verabschieden muss. Der Flughafen Zürich hatte einen Passagiereinbruch von 99 Prozent von Mitte März bis Mai 2020. Der Betrieb wird nun wieder hochgefahren. Erstmals gab es diese Woche wieder Südanflüge am frühen Morgen.
Im Inland hat die Corona-Pandemie speziell den Schweizer Tourismus erwischt. Der Verband «Schweiz Tourismus» befürchtet für die Monate März bis Juni einen Umsatzverlust fast 9 Milliarden Franken für die Branche, welcher aber im 2. Halbjahr wieder teilweise kompensiert werden könnte.
SMI-Marke von 10‘000 überschritten
An der Schweizer Börse überschritt der Index wiederum die Marke von 10‘000 Punkten. Profitieren konnten vor allem Finanzwerte (Versicherungen) und Zykliker (Industrie). Bezüglich einiger weniger Einzelmeldungen aus der Firmenwelt ist Lonza zu erwähnen. Der Pharmazulieferer erhält mit Pierre-Alain Ruffieux im November 2020 einen neuen Chef. Er kommt von Roche, wo er derzeit noch den Bereich Global Pharma und Technical Operations führt. Beim Elektronik-Konzern Kudelski (Verschlüsselungstechnik für TV) gab es einen Kurssprung, nachdem eine erweiterte Zusammenarbeit mit Micosoft bekanntgegeben worden war. Beim stark defizitären Batteriehersteller Leclanché gab es zeitweise eine Kursverdoppelung. Hier wurde eine Kooperation mit der polnischen Eneris und die Zuführung von neuem Kapital bekannt. Batterien haben eine gute Zukunft bezüglich E-Mobilität.
Aussichten - Eindeckungen
Kurseinbrüche werden in der Regel verstärkt durch Leerverkäufe. Dabei dominieren Transaktionen über derivative Instrumente (Optionen wie Calls, Puts, Termingeschäfte, sogenannte Futures usw.). Im Moment haben wir die umgekehrte Situation, intensive Rückdeckungen, teilweise losgelöst von den Fundamentaldaten. Das hängt von den Erwartungen ab, im Moment rechnen viele Anleger mit einer rascheren Erholung der Weltwirtschaft. Auch die Geld- und Finanzpolitik der Staaten und Notenbanken ist in einer noch nie dagewesenen Situation bezüglich Unterstützung und expansiver Geldpolitik. Die grosse Koalition in Deutschland hat im Rahmen eines Konjunkturpakets eine Absenkung der Mehrwertsteuer vom 01. Juli bis zum 31. Dezember beschlossen. Dabei werden die Mehrwertsteuersätze von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent gesenkt. Das dürfte die Konjunktur in ganz Europa – und auch die Aktienkurse – weiter anheizen. Die Schweiz hängt indirekt davon ab.